Hintergrundbericht:Flüche der Karibik

Produktionsstreit statt Inselfrieden: Das Musical "Santa Maria" mit den Hits von Roland Kaiser kommt nicht zur Ruhe

Von Michael Zirnstein

"Humnana humnana humnana." Es könnte alles so sanft rollen wie die Wellen an den Karibikstrand. Aber Santa Maria, der Insel wie aus Träumen geboren, peitscht ein heftiger Sturm um die Palmen. Zumindest dem Musical um den gleichnamigen Hit von Roland Kaiser. Schon bald nachdem Norbert Hammerschmidt, der Texter des Schlagers, seine erste Fassung des Bühnenstücks in einer Lesung präsentieren hatte lassen, gab es Ärger mit dem ersten Produktionsteam, das sich selbst die eine oder andere Rolle und den Regiestuhl zuschieben wollte, wie Hammerschmidt berichtet. "Das konnten wir nicht mittragen." In der Folge stieg auch sein langjähriger Freund und Partner Kaiser aus; der Vorverkauf für Dresden wurde gestoppt; die Uraufführung fand in Wien statt. Und nun in München vor Start der zweiten Spielzeit plärrt ein Boulevard-Blatt von den Zeitungskästen: "Zwölf Darsteller gefeuert!" Das stimmt zwar, und wieder geht es wohl um Streit zwischen Co- und Hauptproduzent und nicht gezahlte Gagen, aber um die Aufführung müsse man sich keine Sorgen machen, beschwichtigt der Pressesprecher des Deutschen Theaters: Wie wohl auch die Geschassten um Gregor Glanz, der den Presseaufschrei mit einem Facebook-Post ausgelöst hat, sei das Deutsche Theater bereits vor einigen Wochen über den Wechsel informiert worden und habe diesen auch auf seiner Internetseite vermeldet. Mit den neuen Darstellern sei bereits in Wien geprobt worden.

"Humnana humnana" - somit könnte nun alles reibungslos laufen. Aber still war es ja noch nie um das Lied. Der recht anzügliche deutsche Text von Hammerschmidt und Kaiser löste bereits 1980 einen kleinen Skandal aus - von wegen , ... hielt ich ihre Jugend in den Händen.'" Der "Frauenfunk" empörte sich damals über "diesen Schnösel, der in die Karibik fährt, ein Mädchen entjungfert, sich wieder verdrückt und in der Heimat auch noch ein Lied darüber singt". Und schon wollte es jeder hören. 1,2 Millionen Singles wurden verkauft. Hammerschmidts Erfolgsrezept war aufgegangen, so wie bei insgesamt 120 Liedern mit Roland Kaiser: "Wir wollten immer ein bisschen schlüpfrig sein, schmunzelnd, ironisch, erotisch." Gerade bei "Joana" sei das prima aufgegangen, findet er, der im Gegensatz zu Kaiser nichts dagegen hat, dass die Ballermann-Fraktion seinen Text mit Zwischenrufen wie "du geile Sau" vereinnahmt.

Santa Maria Alfons Haider (tanzend)

Immer noch am Ruder: Alfons Haider als ewiger Junggeselle Ilja.

(Foto: Jens Ochmann)

Ganz so zügellos sollte man sich das Musical aber nicht vorstellen, das Hammerschmidt um die Kaiser-Lieder herumgelötet hat. Eine Entjungferung kommt gottlob nicht vor. Dafür mindestens "Sieben Fässer Wein" und viel Mann-Frau-Tohuwabohu um einen Haufen Freunde, die nach 20 Jahren eine Reise auf die Karibikinsel Santa Maria wiederholen. Wie in den Schlagern gebe es keine tiefere oder höhere Bedeutung, "einfach nur superlockere Unterhaltung", sagt Hammerschmidt.

Der 74-Jährige hat für so jeden deutschen Schlagerstar von Andrea Berg ("Die Gefühle haben Schweigepflicht") bis zu den Kastelruther Spatzen ("Ein Kreuz und eine Rose") geschrieben und so ziemlich jeden der 250 Hits des legendären Produzenten Jack White. Sein Credo: "Der Text darf die Musik nicht stören. Wenig Konsonanten und ,ch', mehr Vokale wie e und a, die der Sänger schön lang ziehen kann." Und eine gute Zeile sei schon die halbe Miete. Anders als sein Kollege Michael Kunze ("Elisabeth") hatte Hammerschmidt aber nie ein Singspiel geschrieben. Als er die Idee für ein Jukeboxmusical rund um die kaiserlichen Hits seinem Freund und Partner Udo Jürgens vorstellte, soll der gesagt haben: "Super Idee, du hast ja eh die Rechte, aber warte noch." - "Wieso?" - "Ich bin mit meinem eigenen Musical noch nicht fertig."

Kurzzeitig schien die Arbeit am Musical sogar zwei alte Freunde wieder zusammenzubringen: Kaiser wollte sich mit Hammerschmidt wieder vertragen - nach 20-jähriger Funkstille: "Nach seiner Lungen-Operation wollte er ein neues Leben anfangen, auch mit mir, das hat mich gerührt." Nach zwei weiteren Platten ging das Erfolgsduo aber wieder auseinander, und Hammerschmidt zog das Musical mit dem Team alleine durch. Dass österreichische Kritiker die Premiere als "Kaiser-Schmarrn" abkanzelten, scheint ihn ebenso kalt zu lassen wie die Streitereien in der Szene. Der Schlagertexter hat Gefallen an dem Genre gefunden: "Mit meinem Freund Lutz Fahrenkrog-Petersen habe ich schon vier weitere Musicals in der Pipeline. Diesmal aber ganz ohne Bezug zu irgendeinem Künstler oder Lied."

Santa Maria, 18. bis 22. Okt., Premiere 19. Okt., 20 Uhr, Deutsches Theater, Schwanthalerstraße 13

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