Hertzkammer:Lässig bis lasziv

Das Musikprojekt "Bob Moses" im Münchner Bob-Beaman-Club

Von Sabine Gietzelt

Es ist genauso rätselhaft wie es clever ist, ein Musikprojekt Bob Moses zu nennen. Es gab den bekannten Stadtplaner Bob Moses, der großen Einfluss auf die Entwicklung New Yorks hatte. Es gibt einen Jazzmusiker gleichen Namens und irgendwie assoziiert so ein Name doch auch Gospel. Weder ein Bob noch ein Moses stecken in Bob Moses. Bob Moses sind Tom Howie und Jimmy Vallance, und sie kommen aus Kanada. Sie kannten sich nur flüchtig, der eine spielte in einer Punkband, der andere Tranceplatten in Clubs. Sie haben sich in den USA zufällig wieder getroffen und ihre kreative Freundschaft erst dort, in Brooklyn, auf- und ausgebaut. Und jetzt werden sie als großes neues Ding gehandelt. Und das ausnahmsweise mal zurecht.

Bob Moses schmiegen uns die einschmeichelndsten Männervocals seit "Boy from School" der Hot Chips ins Ohr. Und beide eint auch das Interesse an altem Soul. Bob Moses laufen offiziell als Deep House. Aber so einfach ist das nicht. Beispielsweise haben Bob Moses eine Bobby Bland Coverversion von "I Ain't Gonna Be The First to Cry" in ihrem Repertoire, in dem auch eine Bluesgitarre einen Gastauftritt hat. Grundsätzlich spielen bei ihnen Texte mit Strophe und Refrain eine mindestens ebenso wichtige Rolle wie die reine Tanzbarkeit der Musik. Lässig bis lasziv pulsen exotisch anmutende Percussion, sonderbare Live-Atmosphäre oder anderes wundersames Geräusch zu tiefen Bässen, und wenn gesungen wird, münden die Stücke in feine Popsongs. Ihr Debüt-Album "All in All", das vor kurzem erschien, ist eine erquickliche Ansammlung bisheriger Singles, eine Kompilation also, die sich aber nicht wie eine anhört.

Schon sehr lange hat sich das in den Anfangstagen von Techno und Club-Sound gültige Modell instrumentalen Geschichtenerzählens erledigt und elektronische Musik sich Songstrukturen einverleibt. Die Musik von Bob Moses funktioniert überall: sowohl im Club als auch zu Hause oder auf der grünen Wiese. Man kann sich von ihrem entrückten Sound geistig wegspülen lassen, kann ihn aber auch bei vollem Bewusstsein ohne Langeweile genießen. Trotz allen hypnotischen Effekts, der ihrer Musik inne ist, trotz ihres Faibles für repetitive Sequenzen hören wir eher Songs als Tracks. Es ist der Gesang von Jimmy und Tom, der das Prinzip der nur angedeuteten Texte oder der verzerrt und gebrochenen Vocals vieler Kollegen bricht und aus dem Sound von Bob Moses etwas ganz Besonderes macht. Ihr Sound verströmt Leichtigkeit, Wärme und die faszinierende Anmutung, Musik ein bisschen wie unter Wasser zu hören. Sehr passend: Bob Beamon war ein amerikanischer Leichtathlet und hielt mehr als 20 Jahre den Weltrekord im Weitsprung.

Bob Moses und Sascha Silber, Freitag, 12. Juni, 23 Uhr, Bob Beaman, Gabelsbergerstr. 4

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