Hertzkammer:Das ist die Oberhärte

"Embryo" und Leiras in der Roten Sonne

Von Rita Argauer

Das Adjektiv "hart" ist längst zum Lebensstil geworden. Allgemein mit Stärke gleichgesetzt, fordert man in der Politik, wo man ja sonst gemeinhin eher darauf bedacht ist, möglichst unverfänglich zu formulieren, gerne ein "hartes Durchgreifen", wenn man als Partei demonstrieren möchte, dass die Kraft und die Stärke auf der eigenen Seite liegen. In der Kunst gibt es neben den "hard-boiled" Krimis eben auch eine ganze Menge harter Musik. Angefangen im Rock über den Punk zum Heavy Metal, das ist laute, bisweilen dissonante und meistens eher angriffslustige Musik, die als hart beschrieben wird und mit der sich der Hörer dann auch dementsprechend wuchtig von der seichten Mainstream-Pop-Musik absetzt. In der Roten Sonne wird nun aber an zwei aufeinanderfolgenden Abenden der Begriff hart gegen sich selbst ausgespielt.

Hippies gelten popkulturell gesehen ja nun eher als Softies, quasi Weichheit und Empathie als Gegengewicht zu den Härten der kapitalistischen Gegenwart. Wenn nun aber für Donnerstag ein Abend mit den dienstältesten Münchner Musikern aus der Hippie-Zeit angekündigt ist, und zwar einem Konzert mit Embryo "all night long", dann bedarf es schon eines gewissen Durchhaltevermögens, ja einer gewissen Härte, so ein Konzert in Gänze mitzunehmen. Durchhaltevermögen ist auch der gemeinsame Nenner deren Musik und aktueller elektronischer Musik: Die Monotonie und das ausladende Baden in einer musikalischen Idee, über einen Zeitraum hinweg, der die Drei-Minuten-Popsong-Grenze weit übersteigt, ist den Hippie-Jams, dem Krautrock und dem Techno gemein.

Das mit der Härte ist in der elektronischen Tanzmusik also noch mal eine ganz andere Sache. Denn die Grenzen zwischen seichtem Mainstream-Gewummere und Musik, die sich als Gegenkultur zum Einlullen begreift, sind fließend. Unter diesem Aspekt ist der Name des Münchner Labels "Counterweight" Programm: Hier wird Musik veröffentlicht, die die trancige Monotonie von klassischem Techno mit einer gewissen künstlerischen Kompromisslosigkeit kombiniert. Hart ist hier also nicht nur die Musik, sondern auch die Schnittstelle, mit der man sich von allem, was zu gefällig ist, abgrenzen möchte. Die Macher von Counterweight haben es sich dabei zum Ziel gesetzt, DJs nach München zu holen, die zuvor noch nie in der Stadt waren. Mit dem spanischen Produzenten und DJ Leiras haben "Counterweight" im August einen Gast, der ihnen perfekt ins Konzept passen dürfte: Clean-pumpende Beats treffen in dessen Tracks auf die geräuschhafte Härte von Industrial. Musik, die Grenzen berührt und aufrührt, aber gleichzeitig durch Monotonie eine gewisse mantrahafte Ruhe verbreitet.

Embryo, Donnerstag, 17. August, 22 Uhr; Counterweight: Leiras, Freitag, 18. August, 23 Uhr, Rote Sonne, Maximiliansplatz 5

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