Hertzkammer:Auf Watte gebettet

Der Berliner DJ Jan Blomqvist schafft Geborgenheit im Club

Von Theresa Hein

Watte auf einem Schlagzeug dürfte man kaum hören. Außer bei dem Berliner DJ Jan Blomqvist, der es schafft, mit überdimensionalen Wattebäuschen die Bass Drum zu bearbeiten. Zumindest hört es sich so an. Der Effekt: Während des Sets fühlt man sich geborgen und weit entfernt vom Club-Getümmel. Helle, hölzerne Crescendos aus elektrischen Gitarren und wechselnde Hintergrundschwingungen verstärken das Wattegefühl. Und erst wenn der letzte Ton verklingt, landet man auf dem kalten, harten Boden des Clubs. Dann steigt der Schweißgeruch des Nebenmanns wieder in die Nase, dann erst fällt einem auf, dass man kein Getränk mehr hat. Alles nicht wichtig, wenn Blomqvists Musik läuft. Der Track "Dancing People Are Never Wrong" fängt dieses Gefühl sehr gut ein. Die geloopte Stimme von Anna Gosteli von der Schweizer Band The Bianca Story verschwimmt mit einem melodischen Bass und fällt über die Lyrics wie ein Vorhang über eine Theaterbühne. Die Texte handeln von Kontrollverlust und Vorurteilen. Gosteli hört sich ein bisschen an wie Skye Edwards von Morcheeba, das gleiche, unerklärliche Geheimnis in der Stimme.

Apropos Vergleiche: Jan Blomqvist könnte tatsächlich ein Bruder der Kinderbuchfigur Kalle Blomquist sein, zumindest, was seine Vergangenheit betrifft: Der DJ ist nicht in Schweden, sondern zwischen Hannover und Hamburg aufgewachsen, in einem Häuschen in der Lüneburger Heide, mitten im Wald. Also in einem Umfeld, das dem von Astrid Lindgren sehr nahe kommt. Und obwohl Blomqvist nie Kriminalfälle gelöst hat, hat er doch etwas Detektivisches an sich. Der DJ hat ein Gespür dafür, das herauszuarbeiten, was das Publikum bisweilen nicht verorten kann. Und wenn man es hört, ist klar: Genau auf diese Tonfolge, diese Basslinie, diesen Beat hat man gewartet. Blomqvists Arbeit ist sehr überlegt, vielleicht heißt das aktuelle Album deshalb "Remote Control". An diesem Donnerstag erscheint die Remix-EP Part 2 mit Arbeiten von Miyagi und Dan Caster.

Nichts dem Zufall überlassen, das hat ihn in den vergangenen Jahren über das Burning-Man-Festival bis nach Asien geführt. Der Mann, der von sich selbst sagt, er hätte den Konzert-Techno erfunden, hat eine klare Mission: Er möchte Konzertgefühl für den Club schaffen, deswegen arbeitet Blomqvist am liebsten mit Band und Sängerin. Am Freitag tritt er im Bahnwärter Thiel auf, dem schönen Wochenend-Wattebausch.

Sub-Thiel mit Jan Blomqvist, Freitag, 10. Februar, 22 Uhr, Bahnwärter Thiel, Tumblingerstraße 29

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