Bischof, Geisha, General: Es ist ihre Berufskleidung, die diesen Menschen eine Identität verleiht. Die Fotokünstlerin Herlinde Koelbl zeigt in einer Ausstellung in Dresden in einer Sammlung von Doppelporträts, wie die Körper der Abgebildeten durch Uniformen zu Staturen werden.
Kann man eine Gesellschaft, dieses so abstrakte wie reale Ganze, das unser aller Leben bestimmt, ins Bild fassen? Gibt es so etwas wie eine fotografische Soziologie? In den zwanziger Jahren hat August Sander sein Riesenwerk produziert: ein Porträt Deutschlands in Fotos der Berufstätigen. Sieht man es heute an, staunt man über die völlige Einheit des Menschen mit seiner Arbeit auch dann, wenn er ruht, über das ständisch Einleuchtende dieser Bildnisse.
Alle diese Grobschmiede, Schauerleute und Bauernknechte sind es durch und durch, mit Leib und Seele; man möchte sagen, ihre Arbeitsseele leuchtet aus dem Leib. Ja sogar der Industrielle beglaubigt sich, indem er die Hände in den Schoß legt, ganz unbildlich, oder vielmehr ganz bildlich, denn man sieht es. Und selbst die Revolutionäre, die all dieses Klassen- und Zunftwesen in die Luft sprengen wollen, bilden eine physiognomisch so unverwechselbare Zunft, dass man darüber lachen muss.
Text: Burkhard Müller/SZ vom 08.05.2012/mahu
Alle Bilder zur Verfügung gestellt vom Deutschen Hygiene-Museum, Dresden