Harry Potter:Das Ende der Siebener-Serie

Ein furioses Finale, mit klugen Versatzstücken aus den vorangegangenen sechs Bänden: "Harry Potter and the Deathly Hallows". Den kitschigen Epilog hätte sich die Autorin Rowling freilich sparen können.

Barbara Vorsamer

Die Fans erwarteten viel von "Harry Potter and the Deathly Hallows". Nicht nur sollte der siebte und letzte Harry-Potter-Band selbstverständlich genauso spannend, lustig, traurig, tragisch, komisch und packend wie die ersten sechs Bände sein (wenn nicht sogar noch mehr) - darüberhinaus sollen auch bitte alle offenen Fragen beantwortet und alle losen Enden beseitigt sein.

Harry Potter: Autorin Rowling mit ihrem letzten Potter-Werk

Autorin Rowling mit ihrem letzten Potter-Werk

(Foto: Foto: AFP)

Am Ende hoffen viele, Buch weglegen und denken zu können: "Klar. Genauso, ich hätte es mir eigentlich denken müssen." Vorhersehbar durfte die Handlung aber dennoch nicht sein.

Wolkenkratzerhohe Erwartungen also, die J.K. Rowling mit sprachlicher Leichtigkeit und vielen, neuen Einfällen erfüllt. Nur das Verwandeln in andere Personen mithilfe der "Polyjuice Potion" wird auf die Dauer etwas langweilig. Und dass das Tragen von Voldemorts Medallion Harry runterzieht und seine Kräfte beeinträchtigt, erinnert etwas zu stark an Frodos Kampf mit dem Ring in J.R.R. Tolkiens "Herr der Ringe".

Aber besser gut geklaut als schlecht erfunden, und alles in allem muss Rowlings Zauberwelt gegenüber Mittelerde nicht hintanstehen. Viele der fleißig in Fanforen diskutieren Theorien erfüllen sich im letzten Harry Potter - doch nicht ohne dass die Autorin vorher noch ein paar falsche Fährten und Hindernisse legt.

So ist es dann höchstens so ähnlich wie angenommen. Mit der Suche nach "Hallows" - mysteriöse Objekte, von deren Existenz Harry, Ron und Hermine erst im siebten Band erfahren -, kommt zur Jagd nach den Horcruxen (Voldemorts Seelenstücke) ein weiterer Handlungsstrang hinzu.

Die Charaktere gewinnen deutlich an Komplexität. Zu Beginn der Serie war noch das Gute gut, das Böse böse - nur, wer wohin gehört, war nicht immer einfach festzustellen. In Band sieben verschwimmen die Grenzen.

Hat der Übervater der guten Seite, Albus Dumbledore, womöglich früher die Finger in den dunklen Künsten gehabt, vielleicht seine Schwester getötet und in seinem Plan, Voldemort zu besiegen, Harrys Tod wissentlich in Kauf genommen?

Die Malfoys hingegen scheinen sich weniger und weniger auf der dunklen Seite wohlzufühlen. Und wo die Loyalität des Zaubertranklehrers Snape liegt, ist seit Ende des sechsten Bandes ohnehin DIE große Frage.

"Harry Potter and the Deathly Hallows" ist erwartungsgemäß in vielen Dingen eine Steigerung der Siebener-Serie: Es ist brutaler, schneller, es sterben mehr Menschen, es wird mehr gekämpft. Seitenweise Beschreibung von Pflanzenkunde-Unterricht oder Quidditchtraining haben keinen Platz mehr. Es ist ernst jetzt. Die Zauberwelt ist im Krieg.

Trotzdem hat die Schriftstellerin Rowling ihren amüsanten Tonfall ebensowenig verloren wie ihre Fähigkeit, zu Tränen rühren. Sätze wie: "He can move faster than Severus Snape confronted with shampoo" (ein Weasley-Zwilling über Voldemort) bringen zum Lachen, das tragische Ende des Hauselfs Dobby zum Weinen.

Wie immer lohnt sich bei Harry Potter das genaue Lesen, kleinste Details sind häufig die entscheidende Information. Und am Ende stellt man fest, dass J.K. Rowling in den ganzen sieben Bänden fast nichts einfach nur so hingeschrieben hat. Pflanzen aus dem Herbology-Unterricht, Personen, die irgendjemand mal erwähnt hat - vieles aus den ersten Bänden wird nochmal wichtig und damit ist für Einsteiger der siebte fast unmöglich zu verstehen.

Auf Seite 600 endet Harrys siebtes Schuljahr (das er nicht wirklich in der Schule verbringt), und es wäre schön gewesen, wenn die Autorin es dabei belassen hätte. Doch leider folgt dann noch ein überflüssig kitschiger Epilog, der 19 Jahre in die Zukunft blickt und eine übertrieben heile Zauberwelt zeichnet, in der es keine schwarze Magie mehr zu geben scheint. Am besten also, man hört einfach mit Harrys abschließendem Satz auf: "I've had enough trouble for a lifetime!"

Denn damit ist es auch genug - für Harry und für uns.

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