Handwerksmesse:Große Bühne

Handwerksmesse: Fetisch, bei dem "Mann" sich trauen muss: Serena Holms Ensemble "Mammon" auf der Schmuck-Messe.

Fetisch, bei dem "Mann" sich trauen muss: Serena Holms Ensemble "Mammon" auf der Schmuck-Messe.

(Foto: Handwerkskammer)

Sonderschau Schmuck auf der Handwerksmesse

Schmuck! - welch ein profanes Wort für das, was auf der gleichnamigen Sonderschau der Handwerksmesse München gezeigt wird. Dort geht es seit vielen Jahren um Kunst, die im Zusammenspiel mit der Persönlichkeit des Trägers am Körper ihre Magie entfaltet. Es geht um zeitgenössische Statements selbstbewusster Autoren, die bisweilen aus Papier, Federn, Kunststoffen und Drähten Betörendes und Verstörendes präzise fügen. So erinnert etwa die Japanerin Kyoko Fukuchi mit ihren wolkigen, aus Kunstharz geformten und mit Urushi-Lack überzogenen Broschen an die Katastrophe von Hiroshima.

Bei der Schmuckkunst geht es um Objekte, die in bewusster Distanz zu beliebiger Juwelierware stehen. Karl Fritsch, der sich in Neuseeland etabliert hat, bietet Silberringe, die geschliffene Steine neuartig fingrig fassen.

"Was ist denn das?" Autorenschmuck erzeugt eine zwischenmenschliche Nähe, die der Träger aushalten muss. Er kann aber auch Menschen provokant auf Abstand halten, wie das aus Stahl gefertigte "Werkzeug" von Florian Weichsberger, das, um den Hals gehängt, Angriffs- und Verteidigungswaffe zugleich scheint. Diese Kunst verlangt Mut. Besonders Männern fällt es in unserer Gesellschaft schwer, an nomadische, schamanische oder feudale Traditionen anzuknüpfen. Was würden die Kollegen sagen, wenn statt des Krawattenknotens ein Kragenschmuck der Französin Marion Delarue aus schillernden Federn über dem obersten Hemdenknopf sitzen würde?

700 Künstler aus aller Welt haben sich für die Sonderschau "Schmuck" beworben. Ausgewählt von der Leiterin des Schmuckmuseums Pforzheim, Cornelie Holzach, gibt es nun 67 internationale Schmuckkünstler zu entdecken. Es fällt auf: Die Arbeiten sind mehrheitlich groß und einige auch untragbar schwer. Mehr Skulptur als Schmuck. Umso mehr schätzt man konzentrierte Arbeiten wie die multiperspektivischen, aus Silber, Holz, Papier aufgebauten Grisaille-Broschen von Attai Chen. Wo alle um jeden Preis freikünstlerisch auffallen wollen, erscheint eine aus flachen Winkelelementen gefügte, farbig gefasste Silber-und Goldkette von Ike Jünger geradezu subversiv.

Es gibt auf der "Schmuck" viel zu entdecken, nicht zuletzt die "Klassikerin" Renate Heintze, von 1974 bis zur ihrem Tod 1991 Leiterin der Schmuckklasse auf Burg Giebichenstein in Halle. Wer genau hinschaut, die "Meister der Moderne" und die "Exempla" nicht auslässt, sollte den weiteren Messebesuch vertagen.

Schmuck-Sonderschau, Handwerksmesse, Messegelände München-Riem, Halle B1, bis 14. März, tgl. 9.30-18 Uhr

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