Guns N' Roses in Las Vegas:Gn' Fn' Rs

Guns N' Roses - Axl Rose

Mit gebrochenem Fuß aber ansonsten top in Form: Guns N' Roses-Sänger Axl Rose in Las Vegas.

(Foto: dpa)

Guns N' Roses spielen in Las Vegas ihr erstes Konzert seit mehr als 20 Jahren. Doch statt wie ein tasmanischer Beutelteufel über die Bühne zu fegen, ist Axl Rose an einen Thron gekettet.

Konzertkritik von Jürgen Schmieder, Las Vegas

Guns N' Roses. Nein: Guns-N'-Fucking-Roses. Das Schimpfwort im Bandnamen bekommen Künstler nicht von der Natur geschenkt, so was müssen sie sich über Jahre erarbeiten. Nur die ganz Großen bekommen es verliehen und dürfen dieses Infix im Bandnamen verwenden, wahre Legenden bekommen noch ein "Mother" davor gesetzt. Kein vernünftiger Mensch käme auf die Idee, zwischen Justin und Bieber oder Helene und Fischer so ein Wort zu legen. Das würde nicht passen. Es wäre Frevel.

Vor der Konzerthalle in Las Vegas sagt am Freitagabend niemand Guns N' Roses. Alle plärren: "Guns-N'-Fucking-Roses!" Es werden T-Shirts verkauft, auf denen die Kurzform "Gn' Fn' Rs'" aufgedruckt ist.

Eine Tournee, an die kaum einer mehr geglaubt hatte

Die Leute vor der Halle wollen eine Umarmung oder wenigstens ein Zusammenstoßen der Fäuste, auf jeden Fall aber wollen sie anstoßen. Auf Sänger Axl Rose. Auf Gitarrist Slash. Auf Bassist Duff McKagan. Auf diese Kernbesetzung der Band, die nun zum ersten Mal seit dem 17. Juli 1993 wieder gemeinsam auf einer Bühne steht.

Klar, vergangene Woche hatte es ein kleines Konzert vor 250 geladenen Gästen wie Bradley Cooper oder Lenny Kravitz im Troubadour in Los Angeles gegeben, aber das hier in Vegas soll der Auftakt zu einer Tournee sein, von der es hieß, dass sie in diesem Leben nicht mehr zustande kommen würde. Wohl auch deshalb heißt die Tour "Not in a lifetime".

Alte Männer an Gitarren sind nun wahrlich keine Neuigkeit, AC/DC und die Rolling Stones machen ja auch einfach weiter, bis sie eines Tages in aller Würde von der Bühne fallen werden, wie sich das für Rockstars gehört. Nur haben Guns N' Roses nicht weitergemacht, sie haben die Herzen der Fans durch eine kindische Trennung gebrochen.

All die Zankereien sind vergessen

Nun also die Wiedervereinigung und eine monströse Tour durch die großen Stadien der USA und Mexiko. Die Fans, viele von ihnen sind so alt, dass sie schon ein Konzert vor 1993 besucht haben, scheinen glücklich zu sein über diese Reunion, all die Zankereien sind vergessen. Sie interessiert nur: Werden Axl und Slash tatsächlich gemeinsam "November Rain" spielen? Wie viele Stunden Verspätung wird es geben? Und wird das Konzert tatsächlich über die Bühne gehen? Schließlich hatte sich Rose den Fuß gebrochen und in der Vergangenheit Auftritte schon wegen geringfügigerer Probleme abgesagt.

Das Konzert im Schnellcheck

Was dann wirklich los war:

Das Konzert beginnt um Mitternacht, mit zweieinhalb Stunden Verspätung - in der Guns-N'-Roses-Welt also viel zu früh. Schon nach drei Liedern stimmt Axl Rose "Welcome to the Jungle" an, mit diesen Worten, die nur er so brüllen kann: "You know where you are? You're in the jungle, baby! You're gonna die!" Eine Stimme, die aus sieben Milliarden anderen Stimmen zu erkennen ist. Dieses knarzig-jaulende, das doch so melodisch klingen kann: Das kann nur Axl Rose.

Der Sänger sitzt übrigens den ganzen Abend auf einem Thron, der in der katholischen Kirche auch als Monstranz durchgehen könnte mit Rose als Allerheiligstem. Klar, Rose kann nichts dafür, dass er sich den Fuß gebrochen hat, ihm gebührt Respekt, dass er dieses Konzert überhaupt absolviert. Doch Live-Konzerte dieser Band leben nun einmal davon, dass Rose wie der tasmanische Beutelteufel über die Bühne jagt, dass er auf einem Bein hüpfend um sein Mikrofon tanzt, dass er andere Bandmitglieder umarmt. So aber wirkt er unfreiwillig wie der Grandseigneur der Rockmusik, der auf die Bühne geschoben wird.

Das allerdings passt zu diesem Abend: Slash darf knapp drei Stunden lang - das Konzert ist tatsächlich erst kurz vor drei Uhr morgens vorbei - seine Virtuosität als Sologitarrist vorführen. Duff wird dem Publikum gleich mehrmals vorgestellt, damit ihn auch ja niemand vergisst. Es scheint, als würde die Band auch mit der Setlist nicht unbedingt das Publikum zufrieden stellen wollen, sondern erst einmal sich selbst.

Das macht aber überhaupt nichts, weil in der Halle ausschließlich Menschen sind, die erst einmal beseelt davon sind, dass Axl und Slash gemeinsam auf einer Bühne stehen und Musik machen. Sollen sie doch spielen, was immer sie wollen! Sollen sie doch von einem Solo, bei dem Slash die Titelmelodie von "The Godfather" interpretiert, direkt zu "Sweet Child of Mine" überleiten. Sollen sie doch "Wish You Were Here" von Pink in ein Medley einbauen. Sie beginnen mit "Welcome to the Jungle", sie präsentieren "Knockin' on heaven's door" und schließen mit "Paradise City"? Alles in Ordnung!

Der beste Moment des Abends:

Es gibt diesen Augenblick in "November Rain", in dem auf das langgezogene "Oh-oooh-ohhhhhh-oh-oh-oooooh" von Axl Rose eines der schönsten Gitarrensoli der Rockgeschichte folgt - und auf dieses Solo die wunderbare Textzeile: "And when your fears subside, and shadows still remain, oh yeah. I know that you can love me when there's no one left to blame. So never mind the darkness, we still can find a way. 'Cause nothin' lasts forever - even cold November rain." Dieser Song ist die DNA von Guns N' Roses, das bekommen live so nur Axl Rose und Slash hin. Das mit 20 000 Menschen zu erleben, die das ähnlich begreifen, ist ein Stück Rockgeschichte.

Und wie ist das nun mit dem fucking?:

Ja, Guns-N'-fucking-Roses sind eine große Band, sie haben mehr oder weniger aus Versehen mit ihrer Ballade "November Rain" eine Art "Stairway to heaven" für eine andere Generation veröffentlicht. Es war ein großes Konzert, ein großer Abend einer großen Band.

Aber: Sie sind dann eben doch nicht Led-Motherfucking-Zeppelin. Zwischen groß und unendlich, zwischen berauschend und legendär, zwischen fucking und motherfucking, da liegt dann eben doch ein Universum.

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