Großformat:Vereint in der Traurigkeit

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(Foto: N/A)

Fast alle Erzählungen des australischen Illustrators Shaun Tan behandeln das Fremdsein. Auch dieses altmeisterliche Bild mit einer Katze, zu dem er uns die Geschichte erzählt.

Von Roswitha Budeus-Budde

"Es war von vorneherein klar, dass Tugboat nicht nur irgendeine Katze war. Er war das kleine Schiff, das sie unerschütterlich durch die dunkle See steuerte, von Tag zu Tag. Und nun war er tot. . .," erzählt der Australier Shaun Tan zu seinem Katzenbild und berichtet davon, wie in dieser unveröffentlichten Geschichte die Katze Tugboat, was im Deutschen so viel heißt wie Schlepper, bei Mutter und Tochter auftaucht. "Sie war eines Abends durch das Fenster gesprungen, ein streunender Gefährte, der nach etwas Wärme und einem Bissen zu essen suchte." Mit der Katze konnten beide ihre Einsamkeit besser ertragen.

Wie fast alle Menschen in den Bildergeschichten des Illustrators und Autors, leiden Mutter und Tochter unter den Erfahrungen des Fremdseins. Dieses Leid ist durch die Erinnerung an die Katze leichter zu ertragen. Es gipfelt nicht mehr in dem Wunsch, dass die schwarze Welle, auf der die Mutter schwamm und die die Tochter spürt, "einfach ein für alle Mal zusammenfällt."

Das Mädchen entdeckt das Geheimnis dieser Katze, sie lebte bei vielen Menschen, die sich nun an ihrem Grab versammeln. "Das Reden, Seufzen, Lachen und Schluchzen, alles verschmolz wie der Klang schwarzen Wassers, er rauschte der Mutter in den Ohren, nicht laut und dröhnend, wie sie eine solche Vernichtung immer erwartet hatte, sondern sanft, wie ein Spritzer Schaum, der an einem sandigen Strand zerfließt, und schließlich weinte sie."

Weltweit bekannt wurde der 1974 in Perth, Australien, geborene Künstler - ausgezeichnet mit dem Oscar für den besten animierten Kurzfilm, dem Astrid-Lindgren-Award und dem deutschen Jugendliteraturpreis - mit seiner Auswanderergeschichte "Ein neues Land". In dieser Graphic Novel mit surrealen Momenten schildert er das Schicksal eines Emigranten und seiner Familie.

Es ist dieses Zusammenspiel von Comic, Graphic Novel, Film, Malerei, das Shaun Tans Werk auszeichnet. "Mein Ehrgeiz als Illustrator ist es, den Leser mit Ideen zu konfrontieren, die im Grunde unerklärt, ein wenig unfertig und für alle Interpretationen offen sind."

© SZ vom 07.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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