Großformat:Mit dem Tempo eines Sportwagens

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Zaha Hadid war die bedeutendste Architektin der Gegenwart. Vorige Woche ist sie mit 65 Jahren gestorben. Wir zeigen eine bislang unveröffentlichte Skizze ihres Kurfürstendamm-Projekts.

Von  Laura Weissmüller

Was für ein grandioser Schwung! Was für eine mondäne Eleganz! Das Hochhaus sieht aus, als würde es im nächsten Moment der Betrachtung mitten durchs Blatt rasen, mit der Geschwindigkeit eines Sportwagens und dem Glamour einer Hollywoodgöttin.

Wäre Berlin nicht die Stadt der vertanen Chancen und mutlosen Entscheidungen, sondern so, wie es sich die Künstler, Literaten und Architekten der Zwanzigerjahre erträumten, dann könnte man sich jetzt zum Ku'damm 70 aufmachen und an dem expressionistischen Bürohaus von Zaha Hadid studieren, dass Türme nicht immer nur aus ein und der selben in die Höhe gezogenen Kiste bestehen müssen. Doch obwohl die irakisch-britische Architektin den Wettbewerb 1986 gewann, kam sie nicht zum Zug. Ihr Entwurf für das "knifflige Grundstück", wie sie den nur 2,7 Meter breiten und 16 Meter langen Baugrund direkt am Adenauerplatz beschrieb, blieb auf dem Papier, wie so viele Projekte vom Anfang ihrer Karriere.

Um Zaha Hadid bauen zu lassen, brauchte es Mut. Viele schwärmten für ihre Skizzen, die aggressiv zersplitterten Geometrien, die an die Kunst des russischen Suprematismus erinnern; aber wenige konnten sich vorstellen, dass dieser Furor jemals gebaut werden konnte. Hadid wusste es - und hielt daran fest, allen Absagen zum Trotz. Ihr Kampf gegen den rechten Winkel war legendär und brachte so manchen Statiker später, als die Architektin endlich bauen durfte, zur Verzweiflung. Doch sie führte den Kampf nicht, um aufzufallen. Das tat sie sowieso - als Frau, Araberin, Architektin. Vielmehr trieb sie das an, was sie auch mit der Epoche des Suprematismus verband: "die Suche nach neuen Ideen und das Auftauchen einer Art von Optimismus".

Zaha Hadid wollte die Grenzen der Architektur überschreiten. Sie hat es getan und mit ihrem Wunsch ganze Generationen von Architekten motiviert: "Ich hatte immer viele Studenten, von Anfang an. Sie wollten glauben, dass diese Art von Architektur möglich ist. Ich finde es sehr schön, dass sich das jetzt bestätigt."

© SZ vom 09.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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