Goya-Fälschung im Prado:Ist ja kolossal

Bad Bank für Museen? Der unechte "Koloss" von Goya ist nur eine Fälschung von vielen. Ab ins Walhall der Fakes damit!

Alex Rühle

Natürlich kann einem in diesen harten Zeiten niemand so leid tun wie die notleidenden Banker. Knapp dahinter aber kommen schon die Museumskuratoren, ja man möchte manchmal amnesty international anrufen oder Ärzte ohne Grenzen, dass die mal ein Team bei den Ausstellungsmachern vorbeischicken um ihnen den Puls zu fühlen.

Goya-Fälschung im Prado: Ancisco Joya? Das Gemälde "Der Koloss" von Francisco de Goya trägt das Kürzel A.J.

Ancisco Joya? Das Gemälde "Der Koloss" von Francisco de Goya trägt das Kürzel A.J.

(Foto: Foto: ap)

Kaum hat man die Nachricht verdaut, dass ein Van-Gogh-Gemälde unecht sei, enthüllt das nächste Museum, dass es all seine bis dato Warhol zugeschriebenen Brillo-Boxen ins Altpapier gibt. Jetzt kommt aus Madrid die Nachricht, dass "Der Koloss", der bislang als eines der wichtigsten Goya-Gemälde galt und in der Fachliteratur exzessiv zitiert und analysiert wurde, nicht von Goya, sondern von einem seiner Assistenten gemalt worden sei.

Die Museen sitzen mittlerweile auf all diesen Fälschungen wie die Banken auf ihren toxischen Papieren. Leihen sie einander auch schon nichts mehr aus, weil sie ahnen, das eh die Hälfte Fake ist? Vielleicht sollten sie von den Bankern lernen und, parallel zur Bad Bank, von ihren Regierungen die Errichtung eines Bad Museums fordern, in das all die toxic paintings ausgelagert werden.

Da gäbe es ein Stockwerk voller Warhol, einen Seitenflügel für all die Zahnarztpraxenfälschungen von Dalì und Miró und einen für das Gesamtwerk von Rembrandt, diesem angeblichen niederländischen Maler, von dem man mittlerweile annehmen darf, dass es ihn überhaupt nie gegeben hat: Rembrandts Gesamtwerk schmilzt seit Jahren wie der Schnee in der Sonne. Wurden ihm 1920 noch 750 Bilder zugeschrieben, so ging man 2000 davon aus, dass es 280 echte Rembrandts gibt. 470 Enthüllungen in 80 Jahren, geht das in dem Tempo weiter, wird 2047 der letzte falsche Rembrandt aus der Welt enthüllt.

Nun also Goya. Das Prado-Museum besitzt den "Koloss" seit 1913, aber erst jetzt wurde anscheinend in einer Ecke des Bildes ein Kürzel entdeckt, das die Experten als die Initialen "AJ" identifizierten. Da kommt man als Laie schon ins Grübeln, dass der große Maler nicht Ancisco Joya hieß, ist in Fachkreisen schließlich länger schon bekannt. Dafür hieß sein Gehilfe Asensio Julia.

Nun könnte man sagen, gut, der Stern hat bei Hitlers Tagebüchern ebenfalls keinen Verdacht geschöpft, obwohl auf den Büchern nicht AH sondern FH stand. Aber nicht mal Ernst Blochs Bonmot, eine Fälschung unterscheide sich vom Original dadurch, dass sie echter aussehe, trifft zu auf den "Koloss": Licht, Technik, Farbtöne - nichts passt laut Expertise zu Goya. Nur das, was darauf zu sehen ist, scheint noch dasselbe zu sein: Der Riese hinter den Bergen gilt als Allegorie des Krieges - insbesondere des Krieges, den Napoleon gegen Spanien führte.

Die bange Frage ist nun: Müsste der Staat nicht endlich eingreifen und, parallel zum Bail-out, echte Goyas und Rembrandts in den Kunstmarkt pumpen? Und kann ein Bad Museum die Situation retten? Es gab ja schon mal eines: Konrad Kujau, der Hitlerfälscher, eröffnete nach seiner Freilassung ein Museum, in dem auch "echte Kujau-Neuinterpretationen", vulgo Fälschungen, verkauft wurden. 2006 musste es schließen: Das Museum verkaufte falsche Fälschungen, die Museumschefin hatte Gemälde aus China bezogen und nur noch mit Kujaus Signet versehen.

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