Goethes Italienische Reise:Das festgekniffene Herz

Goethes Italienische Reise: Goethes Präsenz in Italien - auch in Bergamo gibt es eine nach ihm benannte Straße. Hier die Löwenstatue am Contarini-Brunnen auf der Piazza Vecchia in der Altstadt von Bergamo.

Goethes Präsenz in Italien - auch in Bergamo gibt es eine nach ihm benannte Straße. Hier die Löwenstatue am Contarini-Brunnen auf der Piazza Vecchia in der Altstadt von Bergamo.

(Foto: Regina Schmeken)

Vor zweihundert Jahren erschien der erste Band von Goethes "Italienischer Reise". Es war kein spontaner Reise- und Erlebnisbericht, sondern wurde erst viele Jahre später geschrieben. Italienfreunde waren schockiert.

Von Gustav Seibt

Wenn man verstehen will, was für ein Buch und was für ein Ereignis Goethes "Italienische Reise" beim ersten Erscheinen zur Herbstmesse 1816 war, hilft ein Gedankenexperiment. Man stelle sich vor, der Dichter Rolf Dieter Brinkmann wäre nicht 1975 bei einem Autounfall ums Leben gekommen, sondern hätte seine 1979 aus dem Nachlass publizierten Aufzeichnungen "Rom, Blicke" selbst bearbeitet, und zwar dreißig Jahre nach seinem Rom-Aufenthalt, also erst 2002. Hätte man diesen Text als Auskunft über Italien gelesen? Ein wenig schon, aber nur über ein längst verschwundenes Italien, das seither vollkommen umgekrempelt wurde. Viel wichtiger wäre den Lesern die Selbstauskunft des großen Dichters Brinkmann gewesen - der, hätte er ein längeres Leben gehabt, gewiss eine noch viel größere Bedeutung für die deutsche Literatur gewonnen hätte.

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