GNTM-Finale als Aufzeichnung:"Ein Live-Event hat eine andere Energie"

GNTM-Finale als Aufzeichnung: Am Anfang der Sendung verlief noch alles nach Plan: Heidi Klum begrüßt die vier Finalistinnen Vanessa, Katharina, Anuthida und Ajsa auf der Bühne in der SAP Arena in Mannheim.

Am Anfang der Sendung verlief noch alles nach Plan: Heidi Klum begrüßt die vier Finalistinnen Vanessa, Katharina, Anuthida und Ajsa auf der Bühne in der SAP Arena in Mannheim.

(Foto: Thomas Lohnes/Getty Images)

Die Wiederholung des Topmodel-Finales kommt aus der Konserve. Ist das nach der Bombendrohung die richtige Entscheidung? Ex-"Wetten, dass..?"-Regisseur Frank Hof über die Gefahren für das Live-Fernsehen.

Von Christina Koormann

Das Finale von Germany's Next Topmodel (GNTM) vor zwei Wochen musste wegen einer Bombendrohung abgebrochen werden. Was passiert, wenn eine Live-Sendung mit Tausenden Zuschauern plötzlich anders verläuft als geplant? Frank Hof hat schon bei vielen großen Live-Shows Regie geführt, unter anderem bei der Wetten, dass..?-Sendung, in der Samuel Koch verunglückte.

SZ.de: Herr Hof, haben Sie das Finale gesehen?

Frank Hof: Nein, leider nicht. Ich hatte an dem Abend selbst eine Produktion. Ich habe erst am nächsten Tag erfahren, dass es abgebrochen werden musste.

Was ist Ihnen durch den Kopf gegangen, als Sie von der Bombendrohung hörten?

Die Produktionsbedingungen von Live-Fernsehen sind schwieriger geworden. Seit dem Anschlag auf Charlie Hebdo machen wir uns Gedanken. Ich bin Regisseur bei Die Anstalt. Das ist ein Satireformat, das live mit der Öffentlichkeit arbeitet. Wenn man etwas tun will - öffentlichkeitswirksam -, dann macht man es am besten in einer Live-Situation. Wir haben mittlerweile auch in unseren kleinen Studios verschärfte Sicherheitsbestimmungen. Aber das ist offensichtlich nötig.

Während der Evakuierung hieß es, das Finale müsse wegen technischer Probleme abgebrochen werden. ProSieben hat aber auch im Nachhinein einige Zeit gebraucht, um öffentlich Stellung zu nehmen. Ist Transparenz in so einer Situation überhaupt möglich?

Es ist wichtig, dass alle führenden Personen sofort informiert werden. Aber ich glaube, dass man sich das in der Tat zehn Mal überlegen muss: Wie geht man damit an die Öffentlichkeit? Vor allem an die, die unmittelbar betroffen ist? Ich weiß nicht, wie viele Leute in der Halle waren. Da muss man sehr vorsichtig sein, um keine Massenpanik auszulösen. Ich würde auch nicht schreien: "Jetzt alle raus hier, wir haben eine Bombendrohung!" Meiner Meinung nach haben die Verantwortlichen sehr besonnen gehandelt. Ich hätte das genauso gemacht.

Sie waren bei Wetten, dass..? Regisseur, als Samuel Koch 2010 bei einer Wette verunglückte - in einer Live-Sendung vor laufenden Kameras.

Bei Wetten, dass..? war das eine ganz andere Situation als bei Germany's Next Topmodel. Das war ein echtes Unglück, das da über uns hereingebrochen ist. Wie ich da selbst reagiert habe - das war eigentlich nur ein Reflex. Ich habe den Kameras gesagt: "Alle hoch ins Publikum!" - damit auch der Bildmischer nicht aus Versehen etwas Falsches macht. Man steht in so einer Situation unter Stress, hat einen Adrenalinschub. Das Erste, was mir in den Kopf geschossen ist: "Sofort weg, auf keinen Fall auf Sendung damit!" Mir war klar, dass Samuel etwas richtig Schlimmes passiert ist. Ich habe dann die Kommunikation mit dem Sender hergestellt, ob die uns runternehmen können.

Woher wissen Sie, was in so einem Fall zu tun ist?

Wie gesagt, das sind Reflexe, da kann man nur dankbar sein, dass man nicht das Falsche tut. Man ist komplett fremdgesteuert, reagiert nur noch. Wenn man live auf Sendung ist, hat man keine Zeit zum Nachdenken.

"Man kann auch in der Leichtigkeit ein Drama haben"

Halten Sie es für richtig, dass das neue Finale nicht live übertragen wird?

Ja - das ist sicherlich klug und richtig. Wir müssen uns überlegen: Wo ist live notwendig und wo tut es auch eine Aufzeichnung? Ein Live-Event, ob Germany's Next Topmodel oder der Eurovision Song Contest, hat immer noch mal eine andere Energie, sowohl für die Macher als auch für die Zuschauer. Da hat man einfach das Gefühl, dabei zu sein. Bei einer Aufzeichnung besteht die Gefahr, dass man dem Medium die Kraft nimmt. Weil der Zuschauer das unmittelbare Gefühl nicht mehr hat. Das sollte immer Abwägungssache sein: Angst darf das Live-Fernsehen nicht kaputt machen.

Wie meinen Sie das?

Es ist ähnlich wie bei dem Anschlag auf Charlie Hebdo. Man muss sich fragen: Wie weit lassen wir uns beeinflussen? Wir haben bei Wetten, dass..? immer gesagt: Wir wollen die Leute unterhalten und ihnen einen schönen Abend bieten. Und dann merkt man an so einem Fall wie Samuel Koch, dass das nicht stimmt. Dass man auch in der Leichtigkeit ein Drama haben kann.

Was wird sich verändern?

Der Live-Charakter einer Sendung steht in Frage. Nach diesem Vorfall haben die Leute gemerkt, dass ein einfacher Anruf ernst genommen wird. Und dass man selbst eine so große Veranstaltung damit auflösen kann. Das ist für mich die Bestätigung dafür, dass wir jetzt in einer anderen Zeit leben. Wir müssen uns wohl auf solche Situationen einstellen - es geht natürlich nicht, eine Bombendrohung zu ignorieren.

Sollte das erste abgebrochene Finale im neuen Finale thematisiert werden?

Auf keinen Fall. Dann gibt man dem Ganzen nur eine viel zu große Plattform, dann wird ganz deutlich: "Guck mal, das hat eine Wirkung!" Business as usual, würde ich empfehlen.

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