Gespräch mit Luc Besson:Brad Pitt in deinem Spiegel

Der französische Regisseur und Produzent über das Yin und Yang des Kinos, Amerikas Fangnetz und seinen neuen Film "Angel-A".

Frank Arnold

Ein Filmemacher mit zwei Gesichtern ist Luc Besson. Mit Großproduktionen wie "Das fünfte Element" (mit Bruce Willis) versucht er, das französische Kino international zu machen, mit seinem neuen intimen Film "Angel-A" knüpft er an den Poetischen Realismus an.

Luc Besson

Luc Besson hat zahlreiche Actionfilme produziert

(Foto: Foto: AP)

SZ: "Angel-A" hat ein wahrlich kontrastreiches Paar, ein kleiner schwarzer Mann und eine lange blonde Frau.

Luc Besson: Genau das war der Ausgangspunkt. Das symbolisiert das Yin und das Yang, und der ganze Film spielt mit solchen Gegensätzen: Schwarz und Weiß, drinnen und draußen, Mann und Frau, Schönheit und Hässlichkeit, sie hat vor nichts Angst, er vor allem.

SZ: Ganz unglaublich ist dabei die Schönheit von Paris, die durch die Schwarzweißfotografie gesteigert wird!

Besson: Die Schönheit der Stadt hilft mir, die Entwicklung meines Helden zu zeigen - zu Beginn nimmt er sie gar nicht wahr! In New York hätte ich diesen Film nicht drehen können - New York ist nur aus der Luft fotogen. In den Straßen dort in Scope zu drehen, für unseren Film "Léon, der Profi", das war ein Albtraum.

SZ: Gibt es eine Verbindung zwischen André und dem Profikiller Léon, den Jean Reno verkörperte? Beide treffen eine Frau, die ihre Welt auf den Kopf stellt.

Besson: Nein, so sehe ich das nicht. André trifft sich selber, denn Angela, das ist ja er selbst, und er lernt mit sich selbst zurechtzukommen. In "Léon" dagegen geht es um zwei verlorene Kinder - das eine zwölf Jahre alt, das andere vierzig -, die die Gesellschaft verstoßen hat. "Angel-A" ist mehr die Introspektion von jedem von uns: Wir haben Schwierigkeiten, uns im Spiegel anzusehen und zu sagen: "Hallo, du bist eigentlich gar nicht so schlecht...Ich mag dich." Denn die Gesellschaft und die Publicity sagen uns: "Wenn du cool sein willst, dann musst du aussehen wie Brad Pitt." Aber wenn ich morgens in den Spiegel sehe, stelle ich fest, dass das nicht der Fall ist. Was mache ich dann? Bringe ich mich gleich um? Oder versuche ich mit mir zu leben?

SZ: Den Vergleich mit Brad Pitt brauchen Sie doch nicht zu scheuen. Sie haben sich zu einer Art Ein-Mann-Filmindustrie entwickelt, mit einem eigenen Verleih und einem Studiogelände - die Cité du Cinéma, die Sie bei Paris bauen.

Besson: Wenn Sie mit einem zu großen Netz fischen, werden die Fische irgendwann aussterben. Mit dem Kino ist es genauso. Das Netz sind die Amerikaner, sie sind überall, sie dominieren den Markt in Europa, und nach einer Weile gibt es das italienische Kino nicht mehr, bekommen das spanische und das deutsche Probleme. Überlebt hat nur das französische Kino, das gelernt hat, sich selber zu schützen. Ich möchte eine Oase schaffen, wo Menschen bleiben können, wo wir uns organisieren, um am Leben zu bleiben.

Brad Pitt in deinem Spiegel

SZ: Sie haben neben Ihren eigenen Filmen zahlreiche Actionfilme produziert, drei "Taxi"-Filme, zwei "Transporter", eine Kinoversion von "Michel Vaillant".

Besson: Für jeden Film wie den "Transporter" produziere ich zudem drei, vier Filme, die kleiner und intellektueller sind. Aber am Ende erinnern sich die Leute immer nur an die kommerziellen Filme - die machen zwar das Hauptgeschäft aus, aber sie sind nicht eigentlich der Grund, Filme zu produzieren.

SZ: Wie stark sind Sie denn als Produzent dabei involviert?

Besson: Es gibt auf jedem Schiff nur einen Kapitän, das ist der Regisseur. Das weiß ich, schließlich bin ich selber einer. Wenn ich einen Film produziere, arbeite ich mit dem Regisseur vorher am Drehbuch, bei der Besetzung, bei der Auswahl der wichtigsten Mitarbeiter hinter der Kamera. Aber wenn die Dreharbeiten beginnen, lasse ich ihn allein - entweder vertraut man jemandem oder nicht.

SZ: Manche Ihrer Filme - "Nikita" oder "Taxi" - haben Hollywood zu Remakes inspiriert, Sie drehen Ihre großen Filme auf Englisch - gibt es Chancen, diese Märkte zu erobern?

Besson: Nein, dafür sind sie zu protektiv - und wir sind nicht genug. Wenn Sie heute durch Paris gehen, sehen Sie dort vierzig Filme verschiedenster Nationalitäten im Kino. In den USA sehen Sie praktisch nur amerikanische Filme, vielleicht noch eine britische Komödie oder einen französischen Film, wenn es ein Kostümfilm ist. Vielleicht wird sich das langsam ändern durch DVD und Internet. Immerhin: der Animationsfilm "Arthur et les minimoys", an dem ich die letzten fünf Jahre gearbeitet habe, wird dort im Dezember mit 3000 Kopien in die Kinos kommen. Naja, für die amerikanischen Stimmen haben wir Madonna, David Bowie und Snoop Dogg gewonnen.

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