George Clooney in "The Good German":Verlaufen in Berlin

George Clooney kommt nach Berlin, allerdings nicht zur Premiere seines neuen Films: Dafür irrt er in Steven Soderberghs Berlinale-Beitrag "The Good German" als amerikanischer Kriegsberichterstatter durch die zerstörte Stadt.

Susan Vahabzadeh

Wie gut die Deutschen sind im Filmemachen, das erzählen sie sich seit einiger Zeit am liebsten selber. Man kann sich nicht so recht vorstellen, dass auf einem sagen wir mal amerikanischen Filmfest bei der Eröffnungszeremonie im Dreiminutentakt das einheimische Kino gelobt wird.

Bei der Berlinale kommt einem eine solche Prozedur fast normal vor - aber was geht wohl in den Köpfen der ausländischen Gäste vor, während sie vor dem Eröffnungsfilm erst mal eine ministerielle Erörterung zum Erfolg der nationalen Filmförderung absitzen müssen? Paul Schrader, sich in die Rolle des pflichtbewussten Jurypräsidenten fügend, hatte Kopfhörer zur Übersetzung auf und sah auch so aus, als höre er aufmerksam zu.

Wer eigentlich der gute Deutsche ist in Steven Soderberghs "The Good German", dem ersten amerikanischen Film im Wettbewerb, das bleibt Ansichtssache - ist aber am Ende auch nicht wichtig. George Clooney spielt den amerikanischen - aber deutschstämmigen - Journalisten Jake Geismar, der am Ende des Zweiten Weltkriegs für die Army nach Berlin zurückkehrt, bei Kriegsausbruch ist er dort weg.

Drama in Schwarz und Weiß

Der junge Soldat Tully holt ihn am Flughafen ab - ein zwielichtiger junger Kerl, die ideale Rolle für Tobey Maguire, der ohnehin ein Engelsgesicht hat, aber den Teufel in den Augen. Zu Hause, in seiner Wohnung, verfährt er mit seiner Geliebten Lena (Cate Blanchett), wie man es eher von einem Mickey-Rourke-Typen erwarten würde.

Bald gerät Tully mit Geismar aneinander, denn der war vor dem Krieg mit Lena zusammen, und dann kommt er auch noch dahinter, dass Tully in Schwarzmarktgeschäfte verwickelt ist und merkwürdige Kontakte mit den Russen pflegt.

Tully weiß, wo Lenas Mann ist, und den suchen alle, weil er verstrickt war in Machenschaften mit Zwangsarbeitern und Atombombenexperimenten im Dritten Reich. Tully würde jeden verraten. Und endet daher schnell in der Havel.

"The Good German" ist, obwohl Wettbewerbsbeitrag, in den USA längst angelaufen, und hat keinen großen Erfolg gehabt. Dass das Publikum, bei Schwarzweißfilmen ohnehin argwöhnisch, trotz der Star-Besetzung eher zurückhaltend reagiert hat, liegt wohl daran, dass der Plot sehr kompliziert ist.

Denn Soderbergh und sein Co-Autor Paul Attanasio haben den Roman von Joseph Kanon allzu sehr eingedampft. Aber die Geschichte ist trotzdem sehr gegenwärtig - denn im Kern geht es darum, dass es im Krieg keine Goodies gibt: es ist unmöglich, mitzumischen und dabei sauber zu bleiben.

Retour à Casablanca

Übrigens ist das Berlin im Film ein Fake, aber das passt zur Ästhetik und zu den Lebenslügen von Jake Geismar und Lena. Es geht Soderbergh darum, zu experimentieren, herauszufinden, was er noch alles kann.

Auch "The Good German" ist ein Experiment, und zwar in eine ganz andere Richtung als es seine letzten Selbstversuche waren, mit Digitalkameras und Fernsehästhetik. Diesmal hat er nicht neues, sondern altes Equipment verwendet, Vierzigerjahre-Linsen, streng konturierte Ausleuchtung, Verzicht auf Computertricks.

Natürlich hat er auch selber wieder die Kamera gemacht - und es ging hier nicht darum, eine neue Ästhetik zu finden, sondern eine alte zu imitieren. Ein schönes Casablanca-vs-Der-dritte-Mann-Feeling mit einem neuen Dreh hat Soderbergh hinbekommen, und das ist schon ein wenig mehr als bloße cineastische Spielerei.

"The Good German" sollte wie amerikanisches Kriegs- und Nachkriegskino aussehen - ohne die damals geltenden Studio-Einschränkungen: No sex please, hätte es beispielsweise geheißen. Wie hat er's denn gern, fragt Jake Lena, als er mitgekriegt hat, dass sie mit Tully schläft.

Grob, antwortet sie trocken. Das ist einer der wunderbaren Momente, in denen Soderberghs Rezeptur aufgeht - er wollte den Vierzigern die Freiheit und Natürlichkeit zurückgeben, die ihnen das Kino wegzensiert hat.

Von anderen Kampfzonen erzählt Cao Hamburger im Wettbewerbsbeitrag "O ano em que meus pais saíram de férias/Das Jahr als meine Eltern im Urlaub waren" - von Fußballarenen der WM 1970 in Mexiko, vom Terror des brasilianischen Regimes, das Verdächtige verschwinden lässt, sofern sie sich nicht absetzen, "in Ferien". Dies tun zwei Eltern, laden zuvor ihren Jungen vor der Tür des Großvaters ab.

Aber der Alte ist eben gestorben, der Junge muss sich im fremden Multikulti-Viertel zurechtfinden. Das ist eher brav inszeniert, erstaunlich angesichts des Koproduzenten Fernando Meirelles, der die "City of God" - Film und Serie - schuf. Schnell überwindet der Junge seine störrische Verzweiflung, genießt seine selbstauferlegte Einsamkeit, als Keeper, der in seinem Strafraum bleiben muss.

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