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Geburtstag: Wucht, Ausdauer und Perfektion: Charly Antolini an den Drums.

Wucht, Ausdauer und Perfektion: Charly Antolini an den Drums.

(Foto: Claus Schunk)

Der Jazzdrummer Charly Antolini wird 80

Von Oliver Hochkeppel

Ein paar alte Fans verdanken Charly Antolini eine stille Reserve, sollte es im Alter einmal ganz eng werden: Gut 3000 Euro zahlen Sammler im Moment für eine Erstausgabe von "Knock Out". Das war 1979 eine der ersten Direktschnitt-LPs, das heißt, der wuchtige Bass von Wolfgang Schmid, die Percussion-Eskapaden von Nippi Noya, vor allem aber das Schlagzeug von Charly Antolini wurden ohne Mastering und Limiter direkt vom Mikrofon auf die Pressfolie gebannt - was kurz darauf bei der Internationalen Funkausstellung in Berlin die Verstärker und Lautsprecher der namhaftesten Hersteller zerlegte. Über diesen - bald von weiteren Aufnahmen wie "Crash" forcierten - "Boxenkiller" schrieben nicht nur die Fachblätter, sondern auch Bunte, Stern oder Spiegel. So wurde der Schlagzeuger Charly Antolini berühmt. Benny Goodman holte ihn in seine Band, gefolgt von Lionel Hampton. Jahre, die den Höhepunkt seiner Laufbahn bedeuteten, unter anderem gewann Antolini von 1983 bis 1985 die Kritikerumfragen als "Jazz-Drummer des Jahres" vor US-Stars wie Jack DeJohnette, Elvin Jones oder Buddy Rich.

Die "Knock Out"-Episode passt auch gut zum musikalischen Naturell Antolinis, der so gar nicht das Klischee des ruhigen Schweizers erfüllen will. Gehört er doch zu den swingenden Power-Drummern in der Nachfolge eines Gene Krupa; sein Motto lautet "Music has to be cooking", ein Bassist in seinen Bands darf kein "Blümlisucher" sein. Wucht, Ausdauer, technische Perfektion, nicht zuletzt ein enormes Übungspensum - das ergibt den "Schweizer Vulkan" am Drumkit, der Antolini bis heute ist. Die Grundlagen dafür erwarb sich der am 24. Mai 1937 in Zürich Geborene mit der traditionellen Basler Trommel an einer der berühmten Tambourschulen seiner Heimatstadt. Mit 19 zog er dann aus, um sich in der blühenden Jazzszene von Paris einen Namen zu machen. Mit Talent, Fleiß und einer gehörigen Portion Ehrgeiz landete er schnell bei den dort lebenden US-Stars Albert Nicholas, Bill Coleman und Sidney Bechet. Es folgten Festivalauftritte in ganz Europa, und schon in der Fünfzigerjahren erlangte er einige Popularität als Mitglied der Oldtime-Jazzband The Tremble Kids des österreichischen Trompeters Oscar Klein. 1962 ging Antolini nach Deutschland, erst nach Stuttgart, später nach München, das seither seine Heimat ist. Ob in der SWR-Bigband (wo er mit Peter Witte am Bass und Horst Jankowski am Klavier eine legendäre Rhythmusgruppe bildete) oder in der NDR-Bigband, ob in den Orchestern von Peter Herbolzheimer, Kurt Edelhagen und Max Greger - Antolini gehört zum Inventar der deutschen Bigband-Landschaft.

Seit 1976 leitet er auch seine eigene Band Jazz Power, vor der je nach Besetzung auch gerne ein International steht. Größen wie die Saxofonisten Steve Hooks und Charlie Augschöll, die Trompeter Gerard Presencer und Andrei Lobanov, die Pianisten Brian Lemon und David Gazarov oder die Bassisten Nils Henning Ørsted Pedersen Rocky Knauer dienten ihm. Ein Nachlassen gibt es auch mit 80 nicht. Mit "Vier Engel für Charly", dem meist mit der Sängerin Nina Michelle, der Pianistin Andrea Hermenau, der Saxofonistin Stephanie Lottermoser und der Bassistin Lindy Huppertsberg besetzen Ladies-Band tourt er ebenfalls. Außerdem betreut er seit einigen Jahren die Jazz-Reihe im Moosacher Pelkovenschlössl. Zweimal im Jahr lässt er es sich nicht nehmen, dort selbst anzutreten. Und ein 15-Minuten-Solo vor der Pause zu spielen, das für viele immer noch der "Knock Out" ist.

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