Geburtstag:Das Innenfutter aufschneiden

Geburtstag: Chronistin der Wirtschaftswunderjahre: Gerlind Reinshagen.

Chronistin der Wirtschaftswunderjahre: Gerlind Reinshagen.

(Foto: Isolde Ohlbaum/laif)

Chronistin der alten BRD: Die Schriftstellerin Gerlind Reinshagen wird neunzig.

Von Helmut Böttiger

Die Schriftstellerin Gerlind Reinshagen hat in ihrem gesamten Werk an einer Ästhetik der Gefühle gearbeitet, mit einem nervösen Gespür für feinste Regungen wie für große Ausbrüche. Und das kommt auf irritierende Weise von der Erfahrung jener "Sonntagskinder" her, für die sie 1977 den Mülheimer Theaterpreis erhalten hat: Sie gehört der Generation an, die während des Zweiten Weltkriegs erwachsen wurde. An konkreten Figuren, bis zum Roman "Feuer" aus dem Jahr 2006, zeigt sie, wie die Massen der Mitläufer die eigentlichen Säulen der Nazi-Diktatur waren und beschreibt die alltägliche Gewöhnung an das Regime, die bereitwillige Anpassung. Dass sie als Autorin mit Kinderbüchern begann, bevor sie diese Perspektive in Theaterstücken und Prosa weiterführte, war in den Fünfzigerjahren ein politisches Statement: "Nur Kinder wissen noch, was Tod ist, Schmerz."

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: