Frankreich:Pariser Duschvorhang

Im Denkmalschutz-Streit um die Art-Déco-Fassade des 1870 gebauten und seit zehn Jahren geschlossenen Pariser Kaufhauses "Samaritaine" direkt an der Seine ist endlich eine Entscheidung gefallen - die Erneuerer dürfen weiterbauen.

Von Joseph Hanimann

Die denkmalgeschützte Art-Déco-Fassade des 1870 gegründeten und seit zehn Jahren geschlossenen Pariser Kaufhauses "Samaritaine" direkt an der Seine drohte zur städtischen Geisterkulisse zu verkommen. Der Luxuskonzern LVMH (Louis Vuitton Moët Hennessy) hatte die Liegenschaft gekauft und wollte auf dem Areal bis oben zur Rue de Rivoli ein Hotel, ein neues Kaufhaus, Büros und Wohnungen errichten, entworfen von den Architekten des japanischen Büros SANAA. Die 73 Meter lange, vertikal gewellte Glasfassade an der Rue de Rivoli, die an die alte Pariser Passagen-Architektur erinnern sollte, die für die Gegner aber nur ein besserer "Duschvorhang" wäre, veranlasste Denkmalschützer dazu, das ganze Projekt durch Gerichtsklagen zu kippen. Seither klafft in den schon abgerissenen Teilen mitten in der Stadt ein großes Loch. Der französische Conseil d'État hat durch Aufhebung des Bauverbots das Blatt nun gewendet. Neben dem Bauherrn LVMH freut der Entscheid auch die Pariser Stadtregierung, die den Umbau tatkräftig unterstützt. Die Behörden hätten durchaus das Recht, hält der Conseil d'État in seiner Urteilsbegründung fest, bei besonderen zeitgenössischen Architekturprojekten die üblichen Vorgaben für Material, Farb- und Formgebung zu übergehen. Die Denkmalschützer haben damit ihre letzte Karte verspielt.

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