Fragen an eine Suchmaschine:Goooorakel!

Wir haben die Suchmaschine Google herausgefordert und ihr Fragen in den Suchschlitz geworfen, an der sie sich die Zähne ausbeißen konnte. Hat sie aber nicht.

Bernd Graff

Von Malte Herwig, dem Autor des Buches: "Eliten in einer egalitären Welt" stammt der schöne Satz: "Für die heutigen Teenager sind die runden Lettern der Suchmaschine Google zur kulturellen Ikone geworden, ein digitales delphisches Orakel."

Diese zunächst kühn anmutende Behauptung haben wir uns zu Herzen genommen und die ewige Suchmaschine auf ihre prognostische Weisheit hin untersucht. Wir können danach in den googlerunden bunten Schwüngen des Firmenlogos zwar immer noch keine Ikonen erkennen, aber ihre Orakelhaftigkeit ist auch für uns nun unbestritten.

Denn wir haben Folgendes gemacht. Wir haben dem Suchschlitz von Google - in garantiert gedankenleerer Suggestivität - Finde-Futter vorgeworfen, reichlich unbestimmt und nicht zu konkret in der Fragestellung das Ganze, um die Server dann selber entscheiden zu lassen, was sie uns vorsetzen.

Groß, liebe Freunde, sehr groß sind die Ergebnisse!

Mindestens epische Dimensionen erreichen die Toptreffer etwa auf die immer ergebnisoffene, lose Frage "warum kann"?

Da erfährt man gleich von Installationsproblemen und von städtebaulicher Unvernunft. Von der Kraft des Wassers und der Unerreichbarkeit der Webserver. Gipfelnd in der absoluten Frage: "Warum kann manch einer der einen?", die an Orakelspruchhaftigkeit nicht zu übertreffen ist.

Man erfährt also ein Sammelsurium von völlig unzusammenhängendem Zeug, das im Einzelnen vielleicht belanglos, in der Summe aber von geradezu homerischer Dramatik ist. Das Wasser, die Stadt, die Dummheit und die Probleme - wer wüsste nicht ganze Tragödien daraus zu weben. Ja, wer sähe sie nicht schon vor sich. Orakelgüte 1+ also.

Ganz anders und weit weniger subtil die spontane Erstantwort auf die Frage: "Ist es in Ordnung, dass?" Hier wird die Serverfarm sofort kategorisch und antwortet mit dem Toptreffer: "Es ist nicht in Ordnung, dass ..." - dies allerdings, um in den auslaufenden drei Pünktchen wieder in Unbestimmtheit und existentiellen Nebel herabzusinken. Da verpufft die Strahlkraft des Orakels in schwacher Ungewissheit. Kleinlaut, fast kleinbürgerlich und spießig dann auch die Einträge auf den Plätzen: "Ist es in Ordnung, dass Hygienemittel für Frauen steuerlich" und die Zumutung eines Backlash mit: "vorgeben, dass alles in Ordnung ist" - Nein, liebes Google-Orakel! Das werden wir bestimmt nicht vorgeben. Wenn Du es nicht tust.

Fast hemdsärmelig dann die Antworten auf die durchaus tiefsinnig gestellte Frage: "Warum so?" Das Goorakel, so wollen wir es nennen, wirft uns schnippisch ein Stakkato an Kurzfragen vor die Füße.

Ganz so, als ob es uns präzisieren wollte und keine Lust auf Tiefgründigkeit mehr hätte: Warum so kompliziert, ängstlich, traurig, wenig?" Tja, wenn wir das wüssten? Aber Goorakel hat vermutlich Recht. So billig darf man ihm nicht kommen.

Denn das Große des zu Fragenden ist immer zu groß - um es mit einem abgewandelten Heidegger zu sagen.

Wir haben unsere Lockfrageangebote und die Antworten des Goorakels in unserer Bildergalerie dokumentiert. Sehen Sie sie als Dokumente eines letztlichen Scheiterns! Wobei Ihnen überlassen bleibt zu entscheiden, ob die Fragen oder die Antworten schuld daran sind, dass beide oftmals nicht zueinander finden wollen. Oder ob es einer viel größeren Weisheit bedarf, sie doch zusammen zu sehen - ganz so wie einstmals in Delphi.

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