Spärlich beleuchtete Betonbauten, Putz blättert ab, alles ist kühl, in metallisch surrealem Licht: Tobias Zielony hat die Sozialbauten vor Neapel fotografiert - die Manifestationen des Versuchs, sich dem Leben zu stellen.
Na-Na-Na-Na Napoli / Città dimenticata sfruttata abbandonata" rappt die italienische Hip-Hop-Gruppe 99 Posse und beschwört damit das Gefühl einer vergessenen, ausgebeuteten, verlassenen Stadt. Die Betonbauten sind nur spärlich beleuchtet, Putz blättert ab, kühl, metallisch wirkt alles, in surrealem Licht, und dann, auf dem nächsten Bild, steht da ein Junge, sein Blick gerichtet ins Nirgendwo, wobei das Nirgendwo in seinem Fall seine "Hood" ist, sein Viertel, in dem die Mafia und die Drogen eine gewisse Rolle spielen, vielleicht auch seine Zukunft bestimmen.
Tobias Zielony hat diese Fotos gemacht, ein junger deutscher Fotograf, Jahrgang 1973, dem es darum geht, "die beiläufige Form des Sozialen" einzufangen. Seit zehn Jahren fährt er dazu in die Vorstädte dieser von der Öffentlichkeit eher wenig beachteten Orte: Die Banlieue von Marseille, das polnische Zgora oder die Plattenbausiedlungen von Halle-Neustadt. Er mischt sich unter die Jugendlichen, die dort einfach nur "rumhängen", beobachtet ihre Gesten, ihr Miteinander, ihre Aktionen. Manchmal löst er Einzelne aus dem Gruppengeflecht und macht Porträts von ihnen - eine für die Jungen und Mädchen ungewohnte Individualisierung.
Text: SZ vom 20.9.2010/ Nadine Barth/sueddeutsche.de/ls