Fotografie-Wettbewerb:Schön geklickt

In Cannes sollen zurzeit die besten Fotografien der Welt gezeigt werden. Tatsächlich? Die Bilder.

Ruth Schneeberger

Die Katze Wolfie muss ein entzückendes Wesen sein: In hübscher Regelmäßigkeit legt sie ihrer Besitzerin kleine Fang- oder Fundstücke vor die Tür und an verstecktere Stellen des Hauses. Die Beute muss zwei nicht unwesentliche Kriterien erfüllen: erstens tierischer Natur und zweitens tot sein.

Fotografie-Wettbewerb: Von Katze Wolfie erlegt: Tamany Baker hat die Hinterlassenschaften ihrer Katze fotografiert.

Von Katze Wolfie erlegt: Tamany Baker hat die Hinterlassenschaften ihrer Katze fotografiert.

(Foto: Foto: © Tamany Baker, Courtesy of Sony World Photography Awards 2009)

Nicht aber, dass Frauchen die kleinen Leichenteile in stillem Gedenken beiseite räumen würde: Sie empfindet die frisch Verstorbenen als "Geschenke" ihres tierischen Hausgenossen. Und weil Frauchen Tamany Baker Fotografin ist, können wir nun alle daran teil haben: Sorgsam präpariert, in Anlehnung an die Memento-Mori-Fotografie von verstorbenen Angehörigen des viktorianischen Zeitalters, lächeln uns die toten Mäuschen, Vögelchen und sonstigen Kleintiere auf Bakers kunstvoll inszenierten Fotos in scheinbar ewiger Ruhe entgegen.

Und siehe da: Die Schwierigkeiten, die sie mit diesen seltsamen Vorlieben hatte, erinnerten sie an die Schwierigkeiten, die sie mit dem anderen Geschlecht und anderen Trieben habe. Und prompt haben wir eine zweite Ebene in den abstoßend-anrührenden Motiven aus der Foto-Serie "Living with Wolfie", und das reichte dann auch für den ersten Platz in der Kategorie "Conceptual & Constructed" des weltweit ausgeschriebenen Fotografie-Wettbewerbs, der zurzeit in Cannes stattfindet.

Das hübsche Dekor soll ihnen die letzte Ehre erweisen - und den Betrachter mahnen, das alles endlich ist. Doch das reicht noch nicht ganz, um den Sony World Photography Award der Profi-Fotografen zu gewinnen:

Weil Frauchen außerdem studierte Psychologin ist, fühlte sie sich durch die Regelmäßigkeit der "Geschenke" ihrer Katze doch glatt an ihren frisch getrennten Lebensgefährten erinnert. Der habe auch immer so komische Gewohnheiten gehabt. Zwar nicht dieselben wie Wolfie, aber dennoch: Nach dem kurzen Schreck des Auffindens der Miniatur-Leichen habe sie sich mit dem Jagdtrieb ihres geliebten Tieres auseinandergesetzt, um dessen Beweggründe zu verstehen, schreibt die Fotografin in der Erläuterung ihrer Motive für die Öffentlichkeit.

Insgesamt 186 Fotografen hatten sich um den Preis beworben. 44 Profis und Amateure aus 22 Ländern wurden nun von einer Jury aus Fotografen und Medienvertretern auserwählt, vom 14. bis 19. April in Cannes, wo sonst eher das bewegte Bild im Vordergrund steht, den Jubel um das stille Bild zu veranstalten. Gesucht wird der beste Fotograf des Jahres, die Einteilung in verschiedene Kategorien wie Mode, Werbung, Musik oder Portrait soll helfen, das beste Bild zu küren.

Auf einer Gala wurde nun der erste Platz vergeben. Ob das Siegerfoto von David Zimmerman mit einer Kamera des Sponsors geknipst wurde? Dieser Frage nachzugehen, würde tiefschürfenderer Recherche bedürfen. Wir zeigen lieber die Sieger der verschiedenen Kategorien im Profi- und im Amateur-Wettbewerb. "Living with Wolfie", so viel sei verraten, ist nur eine kleine Geschichte unter vielen unerzählten. Wir lassen die anderen Bilder für sich sprechen. Viel Vergnügen beim Eintauchen in die Welt des schönen Klicks!

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