Fotografie: "The Twins":Das doppelte Du

Die Getty-Zwillinge waren die Paris Hiltons der 68er-Generation - nur weniger peinlich. Ein Bildband zeigt nun sie und ihren illustren Bekanntenkreis.

Lynn Scheurer

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(Foto: Blumenbar Verlag)

Die Getty-Zwillinge waren die Paris Hiltons der 68er-Generation - nur weniger peinlich. Ein Bildband zeigt nun sie und ihren illustren Bekanntenkreis ohne zur bloßen Trophäensammlung zu werden. Ist das einfach nur Personenkult? Oder narzisstische Selbstinszenierung? Erneut schwelgen Gisela Getty und Jutta Winkelmann in ihrem Bildband The Twins (Blumenbar Verlag, Berlin 2010, 256 Seiten, 49,90 Euro) in Ästhetik und Glanz ihrer wilden 68er-Vergangenheit. Berühmtheiten wie Dennis Hopper, Robert De Niro und Werner Herzog gehörten zu ihrem illustren Bekanntenkreis und ließen sich von den Zwillingen fotografieren. Tatsächlich sind ihnen einige starke Bilder gelungen. Das Vertrauen zwischen den Fotografinnen und den Porträtierten zeigt sich in Sean Penns verletzlichem Hundeblick ebenso wie in der mystischen Aura eines Leonard Cohen. Bilder: "Twins", Blumenbar Verlag, Berlin 2010/ Text: Lynn Scheurer/SZ vom 13.7.2010/sueddeutsche.de/luc/kar

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(Foto: Blumenbar Verlag)

Trotzdem: Die Schwestern sind nicht nur Fotografierende, sondern auch häufig Fotografierte. Das Paparazzi-Prinzip funktionierte schon damals. Durch die bloße Häufigkeit der Bilder, auf denen die Getty-Zwillinge abgebildet sind, entwickeln sie eine Aura der Prominenz und der Symbolik. Plötzlich wird jedes vorhandene Foto von ihnen -und zeigt es eine noch so banale Szene - zum Hingucker.

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(Foto: Blumenbar Verlag/Klaus Baum)

Vergleicht man aber die Bilder der Schwestern mit Schnappschüssen von heutigen It-Girls wie Paris Hilton wird schnell klar: Damals war das Private in der Tat politisch, heute ist es scheinbar nur noch peinlich. Die Bilder seien keine 68er-Reflexion, wurde bei der Eröffnung der Ausstellung im Münchner Künstlerhaus am Lenbachplatz betont, wo noch bis zum 24. Juli eine Auswahl aus dem Band zu sehen ist. Dennoch ist es fraglich, ob man ihnen auch so viel Aufmerksamkeit schenken würde, wäre man nicht auf der Suche nach bekannten Gesichtern oder dem Abglanz der wilden alten Zeit. Die Fotos funktionieren leider über weite Strecken durch eben diese Prominenten-Dichte und der romantischen Verklärung einer Epoche.

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(Foto: Blumenbar Verlag)

Eine Epoche, die für die Zwillinge ganz offensichtlich die wichtigste Zeit ihres Lebens war. Ebenso für ihren Freund Rainer Langhans, der sich bei der Ausstellungseröffnung etwas kokett über die historische Singularität der 68er wunderte. So ganz scheinen die Protagonisten diese Zeit noch nicht loslassen zu wollen, auch wenn Langhans zuversichtlich das Internet zum neuen Schauplatz der weltweiten Gemeinschaft erklärte.

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(Foto: Blumenbar Verlag)

Gisela Getty und Jutta Winkelmann waren überall, und sie kannten alle, die wichtig waren. Dass ihr Bildband trotzdem mehr ist als eine bloße Trophäensammlung, liegt an Fotos wie dem oben abgebildeten. Hier stimmt alles: das Licht der Abendsonne, die nackten Oberkörper und Füße, der Käfer im Hintergrund, das Strahlen in ihren Gesichtern. Das ist nicht Nostalgie, sondern ein unverfälschtes Zeugnis der damaligen Aufbruchsstimmung.

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