Alle Macht der Religion und kaum ein Recht den Frauen - Iran gilt im Westen als lebensfeindlicher Ayatollah-Staat. Doch wird diese Vorstellung dem Leben in dem Land gerecht? Der Fotoband "Iranian Living Room" zeichnet ein anderes Bild: In den Salons ihrer Wohnungen - so die These des mutigen Buches - führen die Perser ein Leben, das unserem im Westen durchaus ähnelt.
Es gibt immer wieder Dinge im Leben, die bleiben irgendwie liegen. Als Enrico Bossan im Internet die Fotos des iranischen Fotografen Farhad Babaei sah, fühlte er sich an eine solche Angelegenheit erinnert. Der weitgereiste Fotojournalist aus Padua hatte bei einem Besuch in Iran 1989 sofort eine Idee gehabt, was er dort - zehn Jahre nach der islamischen Revolution - gerne fotografieren würde: Statt der ideologischen Infiltration des öffentlichen Lebens, das der renommierte Magnum-Fotograf Gilles Peress in den Revolutionswirren von 1979 in seiner vielbeachteten Serie Iran Telex auf Zelluloid gebannt hatte, hätte Bossan gerne das Leben der Menschen im Schutz der Privatheit gezeigt. Doch die strengen Auflagen des Mullah-Staates machten ihm das damals unmöglich.
Babaeis Fotos erinnerten ihn nun an diese alte Idee, denn sie vermittelten jenes überraschende Bild von Persien, das er damals suchte. Und: "Mich hat beeindruckt, wie modern Babaeis Bildsprache ist, weil er mit 28 Jahren noch ziemlich jung ist."
Der Italiener meldete sich bei Babaei, es entstand eine sehr fruchtbare Zusammenarbeit. Bossan leitet den Bereich Fotografie bei Fabrica, einem Talent-Campus für junge Künstler und Mediengestalter im norditalienischen Treviso, der zum ortsansässigen Benetton-Konzern gehört. Babaei wiederum kannte viele junge Fotografen in Iran, die bereit waren, das Land aus ihrem Blickwinkel zu zeigen - für Fabrica ein dankbares Klientel.
Enrico Bossan auf dem Fabrica-Campus