100. Geburtstag von Franz Josef Strauß:Ikone der CSU

Ausstellung Münchner Stadtmuseum

Die standesgemäße Pose war für Franz Josef Strauß die des Trophäenjägers.

(Foto: Archiv für Christlich-Soziale Politik)

Das Münchner Stadtmuseum eröffnet mit einer klugen Fotoausstellung den Jubiläumsreigen zum 100. Geburtstag von Franz Josef Strauß. Sie zeigt, wie sehr der Politiker den Auftritt beherrschte.

Von Rudolf Neumaier

Oh Gott, 27 Jahre ist es bald her, dass dieser Mann gestorben ist, eine komplette Generation. Jüngere Deutsche, Jahrgang 1980 aufwärts, wissen höchstens noch, wer Franz Josef Strauß war. Aber was er war, das können sie nicht einmal erahnen. Weil diese Spezies von Politikern allenfalls in anderen Völkern überdauert hat, hier ist sie mit Strauß ausgestorben. Was er war? Mindestens ein Halbgott, dessen Porträt in guten bayerischen Wohnstuben gleich neben dem Herrgottswinkel hing, wenn es nicht gleich das Kruzifix ersetzte. Strauß war ein Autokrat vor dem Herrn. Und eine Hassfigur natürlich auch. CSU oder nicht CSU, Strauß oder nicht Strauß - das war ein Glaubenskrieg. Strauß war die reine Provokation, seine Gegner waren es auch.

So hitzig lief Demokratie vor nicht allzu langer Zeit ab. Und so lustig aus heutiger - überheblicher - Sicht.

Das Münchner Stadtmuseum läutet mit der Ausstellung "Franz Josef Strauß. Die Macht der Bilder" das Jubiläum ein, das dieses Jahr durch Bayern fegen wird. Strauß' Hundertster steht an. Das Museum der vorwiegend sozialdemokratischen Hauptstadt dieses vor christlich-sozialer Hybris platzenden Bundeslandes erzählt sehr souverän an Strauß entlang, wie sich die Bildsprache der Politik in der Bundesrepublik entwickelte. Es ist eher eine mediengeschichtliche Ausstellung als eine politologische, eher münchnerisch als bayerisch und daher eher distanziert als panegyrisch oder gar folkloristisch. Strauß, dieses einzigartige Subjekt in der deutschen Zeitgeschichte, vor dessen Bildnis die Epigonen in der Partei heute Rauchopfer darbringen und sich schämen für ihr Mittelmaß, diesen Strauß nüchtern und sachlich zum Objekt zu dimmen - das muss einem erst mal gelingen. Strauß' politische Leistung wird demnächst Horst Möller würdigen. Seine Biografie ist für Juni avisiert, aber ein kurzer Beitrag im Ausstellungskatalog verrät, wie der ehemalige Chef des Instituts für Zeitgeschichte den CSU-Politiker sieht: sehr, sehr positiv.

Strauß war ein Akteur, der den Auftritt beherrschte

Bei FJS stellt sich die Frage, ob er zu den Selbstdarstellern zu zählen ist. Ob er sich selbst inszenierte oder ob er sich in Szene setzen ließ - und wie dann. Natürlich war Strauß ein Akteur, der den Auftritt beherrschte. Aber einer, dem Kameras und Fotografen ziemlich wurscht waren. Im Katalog berichtet Thomas Helmensdorfer von den Shootings mit ihm. Helmensdorfer war damals Geschäftsführer der Werbeagentur Team '70, die der CSU in den Siebzigern ihr Corporate Design verpasste: Löwe und Raute als Logo und Grün und Blau als Farben.

Ende der Siebziger brauchte es also wieder ein Porträt des Parteichefs und Ministerpräsidenten. Man wählte das Dienstzimmer im klassizistischen Prinz-Carl-Palais und setzte Strauß an den leeren Schreibtisch. Irgendwas fehlte. Akten. Der Büroleiter ließ also einen Stapel von der Poststelle holen und vor Strauß drapieren. Statt sich auf das Fototeam zu konzentrieren und alle möglichen Gesichtsausdrücke in die Kamera zu mimen, vertiefte sich Strauß in ein Dokument. Er fing tatsächlich an zu arbeiten - und stauchte dann den Büroleiter zusammen, weil ein Vorgang zu lange gedauert hatte. Wie sich Edmund Stoiber erinnert, musste das Shooting abgebrochen werden.

Dass dann an einem anderen Tag ein Bild herauskam, auf dem er einigermaßen nett wirkt, ist ein Wunder. Und Strauß wirkt nur deshalb nett, weil diese Szene authentisch ist: er bei der Arbeit. Es ist genau das Bild, das dann in den Achtzigern die bayerischen Herrgottswinkel zierte.

Strauß in Badehose? Wirkte eher zwanghaft

Sich betont nett und locker zu geben fiel Strauß offenbar sehr schwer. Der Stern durfte ihn 1971 mit seiner Frau ablichten. In Badehose! Das Freizeitvergnügen sah allerdings eher nach üblem Zwang aus. Auch auf Winter-Familienbildern in der Zeitschrift Quick, auf denen er seine Kinder mit einem Schlitten zieht, fremdelt Strauß wie ein Stiefurgroßonkel. Was bitte soll er mit Kindern anfangen, auch wenn es seine eigenen sind, wo er dauernd die Welt retten muss oder zumindest Bayern. Gorbatschow, Reagan, der Papst, Adenauer, Mao Zedong - das sind die Partner für sein Bildprogramm. Neben ihnen glänzt er. Auch über einem stattlichen Hirsch, den er eigenhändig erlegt hat. Als Jäger hatten jahrhundertelang seine Vorgänger posiert: die Herzöge, Kurfürsten und Könige der Wittelsbacher. Nun hatte es Strauß, der Metzgersohn aus der Münchner Maxvorstadt, zum Monarchen gebracht.

Franz Josef Strauß. Die Macht der Bilder

Fremdeln im Privaten: Der "Stern" durfte ihn 1971 im Schwimmbad fotografieren.

(Foto: Archiv für Christlich-Soziale Politik der Hanns-Seidel-Stiftung)

Als er 1980 Kanzler werden wollte, orientierten sich seine Wahlkampf-Koordinatoren an amerikanischen Vorbildern. Irgendwie mussten sie das Image des wildgewordenen Bierschlegels durchbrechen. Monika kam mit aufs Plakat, seine Tochter. Doch Strauß blieb trotzdem Strauß. Und seine Gegner hatten leichtes Spiel und viele gut abgehangene Ressentiments gegen Strauß auf ihrer Seite. Das Münchner Stadtmuseum zeigt Plakate, mit denen Grafiker wie Ernst Volland sich an ihm abarbeiteten. Volland rückte ihn in die Nazi-Ecke und spielte mit einem Strauß aus Bild-Zeitung und Hunderter-Scheinen, aus dem Kampfjets sprießen, auf betrügerische Waffengeschäfte an. Die "Stoppt Strauß"-Plakette des Anti-Strauß-Komitees München wurde deutschlandweit der Renner. Er war der Antiheld der Jugend. Von so viel Publicity können Politiker heute nur träumen.

Franz Josef Strauß. Die Macht der Bilder. Münchner Stadtmuseum. Bis 2. August. www.muenchner-stadtmuseum.de. Katalog (Allitera Verlag) 19,90 Euro.

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