Forensische Architektur:"Wir sind Kämpfer für die Wahrheit"

Der Architekt Eyal Weizman über seine neuen Methoden, Kriegsverbrechen aufzuklären und die Probleme mit dem Völkerrecht.

Interview von Jörg Häntzschel

Forensik nennt man die Verfahren, mit denen sich die materiellen Spuren eines Verbrechens untersuchen lassen anhand von Fingerabdrücken, Blutflecken, Tatwaffen, Einschusslöchern und natürlich den Körpern der Opfer. Bis vor Kurzem waren Forensiker technische Dienstleister der Justiz. Das hat sich in den letzten 20 Jahren gewandelt. Bei der Aufklärung der Massaker der Bürgerkriege in Jugoslawien und Guatemala durch die Untersuchung der exhumierten Leichen spielte die Forensik eine Schlüsselrolle. Seitdem haben auch Menschenrechtsorganisationen und Aktivisten diese Verfahren für sich entdeckt. Bekanntester Vertreter dieser "Gegenforensik" ist der aus Israel stammende Architekt Eyal Weizman. Gemeinsam mit wechselnden Partnern, oft im Auftrag der UN und der EU und in Zusammenarbeit mit NGOs wie Amnesty International arbeitet er an der Aufklärung unterschiedlichster Fälle: vom Genozid an einem kolumbianischen Maya-Stamm in den späten Siebzigerjahren bis zur exemplarischen Geschichte eines Boots im Mittelmeer, in dem 2011 60 Flüchtlinge starben. Zuletzt hat er sich vor allem mit den Folgen der israelischen Besatzungspolitik und den Angriffen im Gazastreifen vom vergangenen Sommer beschäftigt. Sein nächstes Projekt ist eine Untersuchung des Ukraine-Konflikts. Wir trafen Weizman in seinem Haus im Londoner East End.

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