"Final Destination 5" im Kino:Infernalisch feine Schräubchen

Wenn defekte Stromkabel oder bösartig gewordene Apparaturen zur Bedrohung werden, dann hat sich der Mensch einen besonders perfiden Gegner geschaffen: die zerbröselnde Infrastruktur. Mit abgefeimter Dramaturgie treibt "Final Destination 5" die Spannung ins kaum noch Erträgliche.

Burkhard Müller

Durchnummerierte Genrefilme haben es leichter und schwerer als andere Erzeugnisse des Kinos. Leichter, weil sie keine Zeit und Kraft mit dem Bauen des tragenden Gerüsts verlieren und ohne Umweg ihre Originalität in der Differenz betätigen können - gerade die Schablone setzt hier das kreative Potential frei. Schwerer aber auch, weil die Tragfähigkeit dieses Gerüsts durch wiederholten Gebrauch doch leiden und die Lust auf weitere Filme mindern kann.

Themendienst Kino: Final Destination 5

In "Final Destination 5" dürfen alle Schauspieler überleben - zumindest vorläufig: Olivia (Jacqueline MacInnes Wood) und Sam (Nicholas D'Agosto) kämpfen gemeinsam gegen den Tod an.

(Foto: dapd)

Ein schwacher Vorgänger ist, in der Sicht der Cineasten, "Final Destination 4" gewesen, und wer von der Reihe nur das Schema kennt, das allen Folgen zugrunde liegt, mag diese Skepsis teilen.

Kann aus dieser Grundidee - eine kleine Gruppe von Personen entrinnt durch Zufall einem Desaster, bei dem viele Menschen sterben, und der Tod macht dieses Versehen wett, in dem er die Verschonten nun einen nach dem anderen holen kommt - denn etwas anderes werden als eine grausig breitgetrampelte Version der "Zehn kleinen Negerlein"?

"Final Destination 5" beweist, dass dies durchaus möglich ist. Schon der Vorspann wäre selbst dann ein Erlebnis, wenn ihm keine Erfüllung nachfolgte, indem er ein wohliges Vorgruseln erzeugt.

Alle möglichen an sich harmlosen Geräte, vom Wasserkessel bis zum Hydraulikkolben, wirbeln in Zeitlupe durch die Luft, durchschlagen eine Glasscheibe, und die Splitter, tödliche Waffen nunmehr und rötlich triefend, schießen auf den Zuschauer mit seiner 3D-Brille hin . . . Die 3D-Technik wirkt ja immer dann am eindrucksvollsten, wenn sie einen Haufen im Raum bewegter kleiner Objekte zeigt, und zwar am meisten ganz am Anfang eines Films.

Der Serie bekommt es sehr gut, dass sie bei gleichbleibendem Muster doch immer personell neu besetzt wird, mit neuen Schauspielern, neuem Regisseur (Steven Quale), neuem Drehbuchautor (Eric Heisserer). Die Schauspieler gehören, wie es sich für gutes Genre ziemt - zumal für das Horror-Genre - zur zweiten Liga, damit das, was sie tun, nicht zu sehr von dem ablenkt, was ihnen passiert.

Ominöse Präsenz

Die einzige kontinuierliche Größe stellt Tony Todd dar, schwarz gekleideter Schwarzer, dem äußeren Schein nach Gerichtsmediziner, in Wahrheit aber jener personifizierte Tod, der geruhsam sein Versäumnis ausbügelt, mit wenigen, doch an ominöser Präsenz reichen Auftritten.

Diesmal trifft es die Belegschaft aus dem Büro einer kleinen Fabrik. Man rüstet sich zum Betriebsausflug im Reisebus; und in einer bewundernswert knappen Exposition, wie es so wohl wirklich bloß der Genrefilm kann, werden die acht Charaktere vorgestellt, denen es bestimmt ist, (vorerst) zu überleben.

Da gibt es den exemplarisch fiesen Chef, das zickige Biest, das immerfort von erotischer Geschäftigkeit summende (und stets frustrierte) Dickerchen. Dann setzt sich der Bus in Bewegung und überquert eine marode Hängebrücke, auf der Bauarbeiten, Stau und starker Wind herrschen.

Obwohl man ahnt - nein weiß -, was kommen muss, vermag der Film dennoch die Spannung ins kaum noch Erträgliche zu treiben. Plötzlich gibt es ein Loch in der Fahrbahn, man blickt schaudernd vom Bus in die Tiefe; ein Farbeimer wird über Bord geweht, die Trossen ächzen. Sam (Nicholas D'Agosto) hat eine plötzliche Vision vom Brückeneinsturz, und was mit diesen schwankenden und kollabierenden Massen aus Stahl und Beton geschieht, ist sehenswerter als die greulichen Todesarten, wenn die hilflos wimmelnden Menschlein gespießt, geteert und ins Wasser geschmissen werden. Sam und noch ein paar Geistesgegenwärtige steigen rechtzeitig aus, schauen ohnmächtig zu, wie das prophetische Gericht in Erfüllung geht.

Klappriges Turngerät

Immer wieder schafft es da eine altersschwache, in der Materialermüdung bösartig gewordene Apparatur, dass man den Atem anhält. Dabei kann es sich um ein defektes Stromkabel, klappriges Turngerät oder ein infernalisch feines, vom Deckenventilator herabgefallenes Schräubchen handeln, das plötzlich inmitten tänzelnder Füße auf dem Schwebebalken liegt.

Mit einigem Recht ließe sich behaupten, der eigentliche Protagonist des Films sei die zerbröselnde Infrastruktur der USA. Die vom Menschen geschaffene technische Umwelt bietet der Tücke des Objekts umso mehr Brutstätten, je präziser sie durchgeplant ist - fünf Regelungssysteme müssen versagen, damit der Laserstrahl mehr lasert als er sollte; sie tun es gern. Hier waltet die abgefeimteste Dramaturgie. Und sie hat ihre humoristischen Augenblicke.

Die Handlung schreitet voran als S-Kurve, in der Umkehr der Umkehr. Durch die neuartige Komplikation, dass die Todbestimmten weiterleben dürfen, wenn sie einen anderen töten, tritt sogar ein überzeugend psychologisches Moment hinzu. Am Ende ist alles genauso gekommen, wie es musste, und doch völlig anders. Und der Schluss bietet eine Überraschung, die demjenigen, der schon die früheren Folgen gesehen hat, die Haare zu Berge treibt . . .

Subtil spielt der Film mit seiner eigenen Serialität. Das Restaurant, in dem Sam als Küchenhilfe arbeitet, heißt "MIRO 81" - man muss die Zahl nur von hinten lesen und das O von Miro als Null hinzunehmen, schon hat man 180, die Nummer des Unglücksflugs aus "Final Destination 1". Wie alles Genre, das taugt, bezieht auch dieses seinen unverwüstlichen Reiz daraus, dass es Variationen auf ein einziges Sprichwort spielt. "Final Destination" leuchtet ein und schlägt in Bann, weil es nichts anderes besagt als die lateinische Spruchweisheit "Mors certa, hora incerta": Der Tod ist gewiss, doch ungewiss die Stunde.

FINAL DESTINATION 5, USA 2011 - Regie: Steven Quale. Buch: Eric Heisserer, Jeffrey Reddick. Mit: Nicholas D'Agosto, Emma Bell, Tony Todd, Miles Fisher. Warner, 95 Minuten.

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