Filmvestival:Robin Hood lebt

Filmvestival: Rumänischer Swing - Vera Farmiga und Mark Strong.

Rumänischer Swing - Vera Farmiga und Mark Strong.

(Foto: Münchner Filmmuseum)

Das Münchner Filmmuseum zeigt zum zehnten Mal ausgewählte Highlights des neuen rumänischen Kinos - ein wildes Abenteuer, inklusive der Hollywoodstars Vera Farmiga und Mark Strong.

Von Fritz Göttler

Die schönsten Phantomfilme kommen immer noch aus Rumänien. Filme, die konsequent den kleinen Ereignissen und Erscheinungen des Alltags folgen und durch diese Konsequenz allein dokumentieren, wie gespenstisch diese sich entwickeln. Ein Mann muss während der Arbeitszeit einen Metalldetektor auftreiben und nimmt, als Alibi, die junge Kollegin mit, angeblich für einen Außendienstauftrag. Am nächsten Tag sagt sein Chef ihm, dass er an diesen Auftrag natürlich nicht glauben kann - und dass der Angestellte wohl ein Verhältnis mit der Kollegin habe. Für einen Moment hängt der Mann zwischen zwei Wahrheiten, und beide sind fiktiv. . .

Um die Wahrheit der Fiktion geht es in vielen Filmen des Rumänischen Filmfestivals im Münchner Filmmuseum. Seit zehn Jahren erhält man hier einen aufregenden Überblick über die neuen Filme der rumänischen Produktion, und inzwischen kann man auch die Entwicklung einiger Filmemacher gut erkennen. Zwischen 2013 und 2015 hat zum Beispiel Andrei Creţulescu in drei kleinen Filmen karnevaleske Eruptionen von Gewalt studiert, bunt und böse, unberechenbar und spielerisch.

Noch immer stecken rumänische Filme voller MacGuffins. Den Metalldetektor braucht der Mann, um seinem Nachbarn bei der Bergung eines Schatzes zu helfen, auf einem Grundstück vor der Stadt. Wie jeder Schatz ist auch dieser mit Bedeutungen reich verknüpft - auf diesem Grundstück in Islaz wurde eine Proklamation der Revolution von 1848 verkündet. Nach dem Weltkrieg wechselte es mehrmals den Besitzer, nach 1989 wurde es ein Stripclub. Das Graben nach dem Schatz - tiefschwarze Nacht, einsame Leuchtstrahler, das Stöhnen des Detektors - ist ein filmisches Abenteuer. Ich liebe natürlich Filme wie den "Schatz der Sierra Madre", sagt der Regisseur Corneliu Porumboiu, aber am meisten ist dieser Film inspiriert von Eric Rohmers "Vollmondnächten". Sein Held ist ein wahrhaft moderner Robin Hood.

Ein wahnwitziger Drive ist das - kleinbürgerliche Dramen, aber im Herzen pures Abenteuer. Nae Caranfil hat es sogar geschafft, seinen "Closer to the Moon" mit Hollywood-Akteuren zu drehen, Vera Farmiga, im Stanwyck-Look, und Mark Strong. Sie ziehen einen Bankraub durch, sehr sophisticated, den sie als Filmdreh tarnen. Und müssen dann, geschnappt und vor der Hinrichtung, zur Abschreckung das Ganze noch einmal durchexerzieren, vor einer Filmkamera, schön glamourös.

Mit Moral kann man diesen Filmen immer noch nicht kommen, sie leben voll aus Impulsen und Irritationen. "Ein Stockwerk tiefer" von Radu Muntean ist direkt von Highsmith und Hitchcock inspiriert - ein Kleinbürger hört auf dem Weg heimwärts im Treppenhaus hinter einer Tür, wie offenbar ein Mann seine Frau umbringt. Er sagt aber nichts, liefert sich damit dem Mörder aus. Was für eine gewaltige Lust an der Schuld!

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