Filmtipp des Tages:Aus dem Reich der Toten

Die Doku "Der Prinz und der Dybbuk" forscht dem mondänen Leben des Regisseurs Michał Waszyński hinterher - und es öffnen sich Türen zu den Abgründen des 20. Jahrhunderts

Ein Gentleman, war er, darin sind sich die einig, die sich in Italien noch an ihn erinnern. Ein aristokratischer Mensch. Regisseur und Produzent Michał Waszyński zeigte sich gerne mit den Größen Hollywoods, trank Kaffee mit Sophia Loren. Er sei ein Prinz, sagte er. Nur dann und wann, erzählt sein Chauffeur, da kam etwas über ihn, und er zog sich für Tage zurück. In "Der Prinz und der Dybbuk" forschen die Regisseure Elwira Niewiera und Piotr Rosołowski einem Künstlerleben hinterher, und es öffnen sich Türen zu den Abgründen des des 20. Jahrhunderts. Die Geschichte, so wie die beiden Regisseure sie erzählen, setzt sich zusammen aus den Erinnerungssplittern entfernter Bekannter, entfernter Verwandter, Künstler. Erinnerung ist brüchig, Gewissheit, gibt es nicht. Was es aber gab, das war ein Moshe Waks, aufgewachsen in Wolhynien, in Kowel. Was es gibt, das sind die Nachrichten, die Juden, 1942 an die Wände der Synagoge schrieben, bevor man sie ermordete. Hier starb die Familie Waks. Aus Moshe Waks war da schon lange Michał Waszyński geworden, und der hatte 1937 in Polen "Der Dybbuk" gedreht, die Geschichte einer Besessenheit, eines Aufhockers aus dem Reich der Toten, so wie ihn die chassidische Volkskultur kennt. Ein Film, von umwerfend tiefenpsychologischer Kraft, lange verschollen, der Waszyński, den der Krieg nach Italien gespült hatte, in seinem neuen Leben, mit seiner neuen Identität nicht loslassen wollte.

Der Prinz und der Dybbuk (OmU), PL/D 2017, Regie: Elwira Niewiera / Piotr Rosołowski, Mittwoch, 13. Juni, 17.30 Uhr, Arena Filmtheater, Hans-Sachs-Str. 7, 260 32 65

© SZ vom 13.06.2018 / chj - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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