Filmstarts der Woche:Welche Kinofilme sich lohnen und welche nicht

Terrorist mit Goldmaske: "Nocturama" zeigt die Dekadenz von Extremisten, die unweigerlich auf ihren Tod zulaufen. In "Das Land der Heiligen" spiegelt sich die Konfrontation zwischen Staat und Gewaltverbrechern hingegen in harten Gesichtern.

Von den SZ-Kinokritikern

1 / 11

6 Jahre, 7 Monate und 16 Tage - Die Morde des NSU

Kinostart - '6 Jahre, 7 Monate & 16 Tage - Die Morde des NSU'

Quelle: dpa

Acht türkische, ein griechischer und ein deutscher Name. Todestage. Tatorte in Nürnberg, Hamburg, München. Der Schriftsteller und Filmemacher Sobo Swobodnik kompiliert Aussagen von Angehörigen, Verteidigern und Ermittlern, Zitate aus der Presse, Ermittlungs- und Prozessakten mit schwarz-weißen Aufnahmen von winterlich unwirtlichen Szenerien und dissonanten Tönen zur beklemmenden Chronik der NSU-Morde.

Anke Sterneborg

2 / 11

Alien: Covenant

-

Quelle: 20th Century Fox Germany

Als Maschinenmensch hat Scarlett Johansson in "Ghost In The Shell" aus der eng anliegenden Wäsche geschaut wie ein Toaster, bei dem die Sicherung durchgebrannt ist. Michael Fassbender führt nun in Ridley Scotts Prequel zur Alien-Saga vor, wie man gleichzeitig einen Androiden und interessant spielen kann. In seinem Gesicht findet das Wesentliche dieses etwas zu sehr vergrübelten, aber insgesamt sehenswerten Science Fiction-Films statt.

Philipp Bovermann

3 / 11

Beuys

Kinostart - 'Beuys'

Quelle: dpa

Selten geht von Künstlerporträts eine derart aufwühlende, inspirierende Kraft aus. Andres Veiel erforscht das Fett-Filz-Hase-Honig-Universum des Joseph Beuys (1921 bis 1986) mit Leichtigkeit und Raffinesse. Er komponiert sein tolles Beuys-Porträt aus einer Fülle von Archivaufnahmen, offenbart auch unbekanntere Aspekte des genialen Provokateurs und zeigt den Witz, mit dem Beuys unermüdlich für die Vermählung von Leben und Kunst kämpfte.

Rainer Gansera

4 / 11

Borderland Blues

-

Quelle: déjà vu film

Die Sicherung eines Territoriums ist ein irrwitziges Unterfangen. So auch an der Grenze zu Mexiko, wo Donald Trump diese riesige Mauer errichten will. Insofern dokumentiert Gudrun Gruber einen Zustand, der bald vergangen sein könnte. Denn noch sind die Zäune löchrig. Das Aufrüsten aber hat längst begonnen. Grenzschützer patrouillieren, neue Überwachungstechniken werden entwickelt. Die Regisseurin begleitet eine Menschenrechtsaktivistin, einen selbst ernannten Sheriff und andere und veranschaulicht damit ein aussichtsloses Katz-und-Maus-Spiel, das all seine Akteure auffrisst.

Anna Fastabend

5 / 11

Grease (Sing-a-long)

-

Quelle: Acte Films

Wiederaufführungen im Kino haben es in Zeiten der digitalen, jederzeitigen Verfügbarkeit von Filmen schwer. Wer mit einem fast vierzig Jahre alten Kinohit ankommt, braucht also Mehrwert. Der liegt in diesem Fall in der sogenannten "Sing-a-long"-Version: Die Zuschauer sollen die Lieder aus Randal Kleisers Musicalhit lauthals mitsingen, als kleine Hilfe werden die Songtexte eingeblendet. "Summer Nights", "Sandy" und "You're the One that I want" als eine Art Kino-Karaoke? In Amerika sind solche Vorstellungen seit Jahren äußerst beliebt.

Josef Grübl

6 / 11

Jahrhundertfrauen

Kinostart - 'Jahrhundertfrauen'

Quelle: dpa

Annette Bening spannt in dieser Reminiszenz an das Kalifornien der späten Siebziger als freigeistige Single-Mutter zwei junge Frauen ein, um ihrem Teenager-Sohn an der Schwelle zum Erwachsenwerden beizustehen. Wie immer bei Filmemacher Mike Mills ist das eine schonungslose biografische Versuchsanordnung: sein eigenes Erleben und Erinnern verdichtet auf Spielfilmlänge. Die Hauptrolle spielt viel mehr noch als die fantastischen Figuren das 20. Jahrhundert - und seine sich unaufhörlich verknotenden, sozialen und kulturellen Zeitenläufe.

Annett Scheffel

7 / 11

Das Land der Heiligen

-

Quelle: Verleih

Im Kalabrien der Gegenwart bekriegen sich eine Richterin (Valeria Solarino) und zwei 'Ndrangheta-Frauen bis aufs äußerste. Die Härte der Gesichter, der scharfen Kontraste und der Konfrontation zwischen den Frauen, die sich ebenbürtig und Antagonistinnen sind, verleiht dem Film von Fernando Muraca eine klassische Qualität.

Philipp Stadelmaier

8 / 11

National Bird

-

Quelle: NFP

Dass im Drohnenkrieg der USA auch Zivilisten sterben, weiß man; auch, dass das Töten per Knopfdruck für die beteiligten Soldaten genauso belastend ist wie für ihre Kameraden der Einsatz im Krisengebiet. Der Journalistin Sonia Kennebeck ist es für ihren beeindruckenden Dokumentarfilm jedoch gelungen, drei ehemalige Mitarbeiter des Programms vor die Kamera zu bringen, die besser als jeder Wissenschaftler oder Aktivist vermitteln können, dass man keinen Krieg führen kann, ohne sich die Hände schmutzig zu machen.

Karoline Meta Beisel

9 / 11

Nocturama

-

Quelle: Wildbunch

Der französische Kinoästhet Bertrand Bonello lässt Jugendliche Terroranschläge in Paris begehen. Gedreht wurde der grandiose Film im Terrorjahr 2015, hat aber mit den Ereignissen nichts zu tun. Eher erkundet er mit den Mitteln der Fiktion in einem barocken Mosaik die Dekadenz von Terroristen, die unweigerlich auf ihren Tod zulaufen.

Philipp Stadelmaier

10 / 11

You'll Never Walk Alone

-

Quelle: mindjazz pictures / Carsten Behler

Ein Dokumentarfilm, der mit "Liliom" auf der Bühne des Wiener Burgtheaters beginnt und mit grölenden Fans auf der Stehtribüne des Dortmunder Fußballstadions endet. André Schäfer erzählt den kuriosen Werdegang der Fußballhymne "You'll Never Walk Alone", folgt dem Hall ihrer Klänge nach Budapest, New York und Liverpool, und natürlich kommen auch Campino und Klopp zu Wort. Was dabei herauskommt? Die wenig überraschende Botschaft, dass Fußball und Musik Menschen zusammenbringen. Aber auch: ein kleines Globalisierungsmärchen.

Moritz Geyer

11 / 11

Zwischen den Stühlen

-

Quelle: Weltkino

Jakob Schmidts Dokumentation ist ein hervorragendes Institutionenporträt. Er begleitet einen Mann und zwei Frauen durchs Lehrerreferendariat und enttarnt nüchtern und kritisch ein Schulsystem, das auf Anpassungs- und Leistungsstress, ständige Be- und Abwertung, Zynismus und die Ideologie der Kompetenz ausgelegt ist. Häufige Folge: kaputte Lehrer, ignorante Schüler.

Philipp Stadelmaier

© SZ.de/pak
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: