Filmstarts der Woche:Welche Kinofilme sich lohnen und welche nicht

In "Sleepless" wurde mit Jamie Foxx als schwarzem Cop ganz viel Amerika gepackt. Michael Kochs Frauenportrait "Marija" bleibt leider in banalstem Sozialrealismus-Fernsehspielstil gefangen.

Von den SZ-Filmkritikern

1 / 10

Barakah Meets Barakah

BARAKAH MEETS BARAKAH

Quelle: FSFF / Broz, Reuther, Schlüter

Eine Liebeskomödie aus Saudi Arabien - aus einem Land, in dem das Grundkonzept des Genres "Boy meets Girl" verboten ist, weil Boys Girls einfach nicht treffen dürfen? In Mahmoud Sabbaghs charmantem Film sucht ein junges Paar zunehmend frustriert nach Möglichkeiten für Rendezvous - und beweist, dass ein Land repressiv sein kann, seine Bewohner deshalb aber noch lange nicht rückständig sein müssen.

Kathleen Hildebrand

2 / 10

Kong: Skull Island

Kong: Skull Island

Quelle: WARNER BROS

Ob einem dieser Film gefällt, hängt in erster Linie davon ab, wie ernst man große wütende Affen nehmen kann. Oder große wütende Echsen. Es hängt auch davon ab, was von beidem man lieber mag, im Sinne von: Ob man lieber von einer großen wütenden Echse oder einem großen wütenden Affen gefressen werden möchte. Und schließlich davon, ob man die geistige Abstraktionsleistung hinbekommt, Tom Hiddleston als toughen Abenteurer wahrzunehmen, nachdem ihn Taylor Swift mehrere Monate öffentlich an einem Halsband herumgeführt hat. Manche Dinge lassen sich nur sehr schwer vergessen.

Juliane Liebert

3 / 10

Marija

Marija

Quelle: RealFiction

Dass es vorteilhafter ist, illegale Immigranten abzuzocken, als selbst abgezockt zu werden, lernt die Ukrainerin Marija (Margarita Breitkreiz) in Dortmunds Nordstadt rasch. Ansatzweise interessantes Frauenportrait des Schweizers Michael Koch, das jedoch in banalstem Sozialrealismus-Fernsehspielstil gefangen bleibt, wenn es mit "authentischer" Handkamera und der notorischen Besetzung Georg Friedrichs als Ex-Knacki-Ösi beeindrucken will.

Rainer Gansera

4 / 10

Moonlight

-

Quelle: AP

Das Leben eines schwulen schwarzen Jungen aus dem Ghetto, von der Kindheit über die Jugend bis ins Erwachsenenalter. Barry Jenkins filmt das Gewicht eines Körpers, der auf seine soziale und sexuelle Identität herniedergedrückt wird. Und er nimmt ihm dieses Gewicht ab, um ihn sanft auf die Leinwand zu tragen. Damit hat er bei den Oscars gegen "La La Land" gewonnen. Der ist ein Meisterwerk; "Moonlight" ist besser.

Philipp Stadelmaier

5 / 10

Original Copy

Original Copy

Quelle: W-film

In einem Kino mitten in Mumbai wird nicht nur in den Filmen gelebt, geliebt und gestorben: Das ganze Leben der Mitarbeiter findet in und um das alte, vom Konkurs bedrohte Lichtspielhaus statt. Nur mit Originaltönen lässt das Regieduo Florian Heinzen-Ziob und Georg Heizen die Belegschaft über ihre Arbeit und die Liebe zum Kino berichten. Besonders die Plakatmaler, die es in diesem Haus noch gibt, haben es den Filmemacher angetan. Gerne hätte man auch über den verschlafenen Vorführer und den uniformierten Platzanweiser so viel erfahren, wie über die leidenschaftlichen Filmszenenmaler.

Nicolas Freund

6 / 10

Sleepless - Eine tödliche Nacht

Sleepless - Eine tödliche Nacht

Quelle: TELEPOOL GmbH

Mit "Who am I - Kein System ist sicher" drehte der Schweizer Regisseur Baran bo Odar 2011 einen Film, über den Hollywood sprach. Jetzt hat er dort das Remake eines französischen Thrillers gemacht, auf den er ganz viel Amerika gepackt hat: Ein schwarzer Cop in einem schwarzen Pontiac GTO muss seinen Sohn vor Gangstern retten. Die suchen ihr Koks und auch die Inszenierung hätte eine Nasenlänge mehr Mut vertragen.

Philipp Bovermann

7 / 10

The Book of Gabrielle

The Book of Gabrielle

Quelle: PRO-FUN MEDIA

Obwohl "The Book of Gabrielle" theoretisch von Sex handelt (Plot: eine lesbische Illustratorin unterhält sich während der Entstehung ihres Buches mit einem Typen darüber, wie ihre Eltern ihr Sexleben beeinflusst haben oder auch nicht), ist es in Wirklichkeit ein Film über Sex ohne Sex. Ein bisschen wie in der 7. Klasse im Ferienlager, wenn niemand wirklich miteinander schläft, aber alle darüber reden. Nur für Erwachsene. Das ist schön und ungewöhnlich anzusehen und angenehm versponnen, außerdem wohl einer der wenigen erotischen Filme, die man auch mit seinen Eltern ankucken könnte, ohne rot zu werden (wenn man auf sowas steht).

Juliane Liebert

8 / 10

Unter aller Augen

Unter aller Augen

Quelle: Claudia Schmid

Nach "Voices of Violence" von 2015 bleibt Claudia Schmid am Thema Gewalt gegen Frauen. In Benin, Bangladesh, der Demokratischen Republik Kongo aber auch in Deutschland sucht sie das Gespräch mit Frauen, die viel erlitten, sich aber auch freigekämpft haben. Dabei macht sie keinen Unterschied, ob die Misshandlungen in westlichen Zivilisationen, in unterentwickelten Gesellschaften in Asien oder Afrika oder im Bürgerkrieg geschehen sind. Fazit bleibt, viel zu viele Frauen sind der Willkür gewalttätiger Männer ausgesetzt. Der Film eröffnet den Frauen eine Freiheit, die ihnen von den Männern verweigert wird.

Anke Sterneborg

9 / 10

Wien vor der Nacht

Wien vor der Nacht

Quelle: Salzgeber & Co. Medien GmbH

Eine Fahrt von Paris nach Wien, ein Mann sucht nach den Spuren seines Urgroßvaters, dem er selber nie begegnet ist, Wolf Leib Fränkel, der 1904 aus seinem galizischen Schtetl aufbrach, nicht einreisen durfte nach Amerika und in Wien landete. Der Urenkel Robert Boberwar bei Truffauts ersten Filmen Regieassistent, hat mit Georges Perec einen Film über Ellis Island gemacht, dazu über hundert Fernseharbeiten. Wien vor der Nacht ist eine schöne stille Suche nach der verlorenen Zeit vor dem Terror des Nationalsozialismus, eine Exkursion ins Reich des Imaginären, zu dem der Prater, die Wiener Trambahnen und Kaffeehäuser, Stefan Zweig und Joseph Roth, und die Filme von Max Ophüls. Unser Verlangen, alles zu wissen, kann nur der inkarnieren, der alles en ronde sieht, rundherum, von allen Seiten.

Fritz Göttler

10 / 10

Wilde Maus

Der Film 'Wilde Maus' kommt Donnerstag in die Kinos

Quelle: epd

Der bekannte Musikkritiker einer Wiener Zeitung wird entlassen - es ist der Sturz eines kleinen, bildungsbürgerlichen Königs. Der Entthronte führt daraufhin einen Rachefeldzug gegen seinen Ex-Chef, bei dem er in jeder Hinsicht die Fa­çon verliert. Diesen ebenso tragischen wie lächerlichen Helden, der alle Ängste der bedrängten Mittelschicht bündelt, spielt der Kabarettist und Schauspieler Josef Hader in seinem Regiedebüt gleich selbst. Dazu lässt er Vivaldis "La Follia" und den hippen Austropop von "Bilderbuch" spielen - es ist ein irres Vergnügen.

Martina Knoben

© SZ vom 09.03.2017/smb
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: