Filmstarts der Woche:Welche Filme sich lohnen - und welche nicht

"Auf der Suche nach Oum Kulthum" erzählt vom Preis, den eine Künstlerin für ihre Kunst bezahlt. Und "Goodbye Christopher Robin" entblößt die Schattenseite des Welthits "Pu der Bär".

Auf der Suche nach Oum Kulthum

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(Foto: NFP)

Sie war der größte Star der arabischen Welt, eine Göttin, verehrt von Rabat bis Bagdad. Die Ägypterin Oum Kulthum sang vor Königen und Generälen, aber sie gab sich volksnah. Die US-iranische Künstlerin Shirin Neshat hat einen Film über die Diva gedreht, genauer: einen Film über eine iranische Regisseurin, die einen Film über Oum Kulthum dreht. Das klingt komplizierter, als es ist. Der Film beginnt als etwas steriles Biopic, entwickelt sich aber zu einem hochaktuellen Nachdenken über den Preis, den eine Künstlerin für ihre Kunst bezahlt.

Camino a La Paz

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(Foto: N/A)

Der Weg nach La Paz ist in Francisco Varones Drama auch eine Reise zum kleinen inneren Frieden der unterschiedlichen Figuren: Mit seinem alten Peugeot soll Sebastián, Rockfan und chronisch pleite, den strenggläubigen Muslim Jalil samt Dialysegerät und Altmännermacken 3000 Kilometer von Buenos Aires nach Bolivien chauffieren. Ein Roadtrip, begleitet vom Bluesrock der argentinischen Band Vox Dei, bei dem die Männer unvorhergesehener Solidarität entwickeln. Elegant inszeniert und mit leisem Humor.

Goodbye Christopher Robin

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(Foto: Fox)

Traumatisiert und depressiv kehrt der Schriftsteller A. A. Milne aus den Schützengräben des Ersten Weltkriegs zurück. In London ringt er mit einer Schreibblockade, bis sein Sohn Christopher Robin ihn zu einer Geschichte inspiriert, die zum Welthit wird: "Pu der Bär". Simon Curtis erzählt von einer erschöpften Nachkriegsgesellschaft, die nach Ablenkung durch Teddybären lechzt, aber auch vom Preis des Ruhms, den vor allem Milnes Sohn bezahlte.

Mantra - Sounds into Silence

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(Foto: Alpenrepublik)

"Unsere Resonanzsysteme liegen wie unbenutzte Instrumente im Regal und verstimmen sich", beklagt eine Klangtherapeutin die spirituelle Verkümmerung des Menschen. Georgia Wyss' Doku handelt von Kirtan, einer Art Meditation, bei der Menschen gemeinsam Mantras singen. Das soll heilen und entschleunigen, weil besagte Instrumente wieder bespielt werden. Über drei Kontinente hinweg scheint das zu funktionieren. Viele der O-Töne sind redundant, aber entschleunigend fühlt sich das Ganze schon an. Zumindest will man danach Yoga-Kurse googeln.

El mar la mar

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(Foto: Joshua Bonnetta, J.P. Sniadecki)

Ein schöner, kunstvoller und echt langweiliger Film. 8mm. Einzelne, nur vage zusammenhängende Szenen. Waldgewirr. Monster. Impressionen der Sonora-Wüste zwischen Mexiko und den USA, die man mehr ahnt als sieht. Wenn man eine Kunststudentin/lehrerin verführen oder ihr zeigen will, wie tiefsinnig man ist, ist dieses Werk von Joshua Bonetta allererste Wahl. Sofern kein Rotwein im Haus ist. Sonst geht es mit Rotwein eventuell sogar noch etwas schneller.

No Game No Life: Zero

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(Foto: Yuu Kamiya, published by Kadokawa Corporation)

Als "Hikikomori" werden in Japan Menschen bezeichnet, die ihre Wohnungen nie verlassen. Viele verbringen ihre Zeit mit Games und leben in Fantasiewelten. Von einer solchen erzählt die "No Game No Life"-Reihe: Hier ringen Götter, Zwerge, Elfen, Cyborgs in einem ewigen Spiel miteinander. Heraus kommt eine Anime-Variante von "Herr der Ringe" auf Ecstasy. Oder das mit Abstand Nerdigste, was man derzeit in deutschen Kinos sehen kann. Atsuko Ishizuka erzählt die mythische Vorgeschichte dieser aus der Serie bekannten Welt.

Jurassic World: Das gefallene Königreich

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(Foto: AP)

Warum sollte noch irgendwer auf Saurierinsel Isla Nubla zurückgehen, obwohl man dort ziemlich sicher stirbt? Weil diesmal, unter der Regie von Juan Antonio Bayona, ein Vulkanausbruch die Dinos auszulöschen droht, was die Tierfreunde Claire und Owen (Bryce Dallas Howard und Chris Pratt) nicht zulassen wollen. Man staunt über die Gnadenlosigkeit, mit der hier alle Standardsituationen wieder durchgespielt werden: Was so schiefgehen kann, wie die Gier der Investoren ins Unheil führt, wie Menschen von Sauriern gejagt, geköpft, zermalmt werden. Aber so muss es wohl sein: Wer für diese verschrumpelten Echsen noch Eintritt bezahlt, möchte inzwischen wohl einfach die Greatest Hits.

Der Prinz und der Dybbuk

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(Foto: Salzgeber & Co. Medien GmbH)

Schöne Doku von Elwira Niewiera und Piotr Rosołowski über den mysteriösen Filmproduzenten Michał Waszyński, der nach dem Krieg als katholisch-polnischer Adliger in Rom lebte, aber jüdische Wurzeln hatte. Die Geschichte des 20. Jahrhunderts und jene des Kinos vermischen sich, Waszyński wird von seiner Vergangenheit gejagt und das Kino wird zum belebten Friedhof, den es sich immer noch zu besichtigen lohnt.

Der sechste Kontinent

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(Foto: Real Fiction)

Das "Haus der Solidarität" am Rande von Brixen im Südtirol bietet sehr unterschiedlichen Menschen ein Zuhause: Ex-Knackis, Flüchtlingen, Frauen, die sich vor ihren gewalttätigen Männern verstecken, und einer Handvoll Betreuer. Andreas Pichler zeigt ein einfühlsame filmische Erkundung dieses sehr speziellen Mikrokosmos'.

Sprechstunde

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(Foto: ASC Distribution)

Einmal die Woche treffen sich im Centre Pompidou Neu-Pariser, um gemeinsam auf Französisch zu diskutieren. Es geht um Liebe, Frankreich und Heimweh. Bernhard Braunsteins Studie der Empathie gibt jenen eine Stimme, die medial sonst nie zu Wort kommen - vom Kalligraf aus dem Irak bis zur Bäckerin aus Japan. Zwischen Hoffnung und Resignation versuchen sie, in einer fremden Sprache zu sich selbst zu finden.

Swimming with Men

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(Foto: dpa)

Dem Filmgenre Mensch-findet-auf-lustigem Weg-aus-der-Midlife-Krise-heraus fügt der britische Regisseur Oliver Parker vielleicht nichts umstürzend Neues hinzu, wenn er den Buchhalter Eric Erlösung im Männer-Synchronschwimmen finden lässt. Aber er zeigt die bleichen, muskelarmen Männerkörper seiner Figuren in so schönen Unterwasseraufnahmen, dass seine freundliche Feelgood-Komödie sich weniger wie das kalte Chlorbecken des Trainings als wie die warme Dusche danach anfühlt.

Die Temperatur des Willens

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(Foto: eksystent distribution filmverleih)

Wer sind die Legionäre Christi? Wie sieht der Alltag in dieser strengkonservativen, katholischen Ordensgemeinschaft aus? Was bewegt die Männer und Frauen, wie verbreiten sie ihre Kunde in Kirchen, aber auch in Jugendzeltlagern, Altersheimen und im Bierzelt? Und wie gehen sie mit den Missbrauchsvorwürfen gegen den mexikanischen Gründervater des Ordens um? Spürbar durch die dramaturgische Betreuung von Romuald Karmakar geprägt, kommentiert und kritisiert Peter Baranowski den Gegenstand seines Langfilmdebüts nicht, beobachtet stattdessen zwischen religiöser Distanz und familiärer Nähe - denn der charismatische Pater im Zentrum ist sein älterer Bruder.

Wolf and Sheep

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(Foto: trigon-film)

Poetischer Realismus aus Afghanistan: Die junge Regisseurin Shahrbanoo Sadat erzählt in ihrem in Cannes preisgekrönten Film vom Alltag in einem entlegenen Dorf ihrer Heimat. Wie die Kinder Ziegen und Schafe hüten, wie Wölfe um die Herden kreisen, die Jungen üben, mit der Steinschleuder zu schießen, und die Mädchen Heiraten spielen. Sadats Erzählung beruht auf eigenen Kindheitserlebnissen - Erinnerungen an ein Leben ohne Sentimentalitäten und Sicherheiten. Am Ende bricht auch im Film der Bürgerkrieg in den Dorfalltag ein. In diesem kargen Leben sind Geschichten - vom Kashmir-Wolf, der auf zwei Beinen geht, oder der nackten grünen Fee - lebenswichtig. Sie erklären, was anders nicht erklärt werden kann.

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