Filmstarts der Woche:Welche Filme sich lohnen und welche nicht

In "Simpel" spielen Frederick Lau und David Kross ein ungleiches Brüderpaar und "Jetzt. Nicht." porträtiert in kalten, stilisierten Bildern die Suche nach jugendlichem Exzess.

Von den SZ-Kinokritikern

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Amateurs in Space

Doku mit mordverdächtigem dänischen U-Boot-Bauer

Quelle: dpa

Ein filmisches Wagnis, weitab vom Mainstream. Diese Doku könnte einfach ein interessantes Psychogramm zweier Raketenbastler sein, deren ambitioniertes Projekt am großen Ego des einen scheitert. Das geht aber nicht mehr, weil dieser Egomane Peter Madsen ist, jener Erfinder, der im Verdacht steht, die Journalistin Kim Wall an Bord seines selbstgebauten U-Boots getötet zu haben. Regisseur Max Kestner hat den Film lange davor gedreht, aber durch das Wissen von heute bekommt er eine gruselige zweite Ebene.

Kathleen Hildebrand

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Die Geister, die mich riefen

Die Geister, die mich riefen

Quelle: Indi Film

Der zuckerkranke Obstverkäufer Engin aus Berlin-Neukölln ist ein komplizierter Kerl. Er fährt einen getunten Mercedes, droht auch mal mit Schlägen. Zugleich sammelt er Keramik-Hündchen oder spielt mit seinem ferngesteuerten Auto. Zu tun hat das auch mit seiner Kindheit, die er im Westen der Türkei zubrachte. Als er nach 24 Jahren dorthin zurückkehrt, entpuppt sich dieses Kleinod seiner Erinnerung als zutiefst konservative Provinz, geprägt von Kurdenkonflikten. Diana Näckes feinfühliges Porträt braucht leider etwas viel Anlauf für einen am Ende doch recht kurzen Sprung.

Maximilian Sippenauer

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Bad Moms 2

A BAD MOMS CHRISTMAS; Bad Moms 2

Quelle: Courtesy of STX Entertainment

In der Fortsetzung der erfolgreichen Komödie von Jon Lucas und Scott Moore werden die drei Mütter aus Teil 1 in der Weihnachtszeit von ihren eigenen "Bad Moms" heimgesucht, gespielt von Cheryl Hines, Susan Sarandon und der tollen Christine Baranski als strenge, adrett geföhnte Upperclass-Hexe. So unterschiedlich die vorgeführten Mutter-Tochter-Konflikte auch sein mögen - kein Streit, der sich nicht mit ein paar penis-förmigen Lebkuchen lösen ließe. Belanglos, aber lustig!

Karoline Meta Beisel

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Hexe Lilli rettet Weihnachten

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Quelle: SZ

Die zauberhafte Lilli (Hedda Erlebach) kann unsere Sympathien mit Leichtigkeit gewinnen, doch der kleine grüne Drache Hektor mit der Stimme von Michael Mittermeier stiehlt allen die Show. Die Story hat Hektors Witz auch dringend nötig, denn Regisseur Wolfgang Groos rückt den düsteren Knecht Ruprecht (Jürgen Vogel) allzu sehr ins Zentrum des Geschehens. Also muss der vorlaute Drache ordentlich mit seinen Flügeln flattern, dass die Dunkelheit verfliegt und schneerieselnde Weihnachtsstimmung aufkommen kann.

Rainer Gansera

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Jetzt. Nicht.

Jetztnicht Film

Quelle: W-film / Heimatfilm

Nachdem Walter seinen Job als Marketingchef verloren hat, nimmt er die Identität eines Toten an und begibt sich auf einen Befreiungstrip. Julia Keller porträtiert in kalten und stilisierten Bildern eine durchformatierte Arbeitnehmerexistenz um die Fünfzig auf der Suche nach jugendlichem Exzess. Und Godehard Giese spielt brillant eine Existenz im Gefrierzustand, an deren Oberfläche sich erste Risse zeigen.

Philipp Stadelmaier

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Die Liebhaberin

Die Liebhaberin

Quelle: Grandfilm

Es mag nicht in seiner Absicht liegen, aber Lukas Valenta Rinners neuer Film Die Liebhaberin erinnert einen permanent daran, dass man dringend mal etwas für seine Haltung tun sollte. Denn erst als das bei reichen Leuten angestellte Hausmädchen Belén (Iride Mockert) ein Nudistencamp entdeckt, streckt sich ihr krummer Rücken, keine Metapher jetzt, aber im wirklichen Leben machen eigenwillige Kunstfilme einen immer nur noch krummer, besonders, wenn sie gut sind, wie in diesem Fall. Es ist ein Kreuz.

Juliane Liebert

7 / 13

Life on the Border

Life on the Border

Quelle: eksystent distribution filmverleih

Immer wieder, wenn er über die Fernstraße huscht, sich durch die unaufhörliche Kette der Laster schlängelt, stellt der Junge eine leere Konservendose auf den Asphalt und das Mädchen hinter dem Lagerzaun guckt, bis einer der Laster die Dose plattdrückt. Eine traurig-komische Kommunikation. Acht kurdische Kinder aus den Flüchtlingslagern Kobanê und Şingal hat der Filmemacher Bahman Ghobadi zu Filmemachern gemacht, unterstützt von versierten Kameraleuten erzählen sie in kleinen Episoden von ihrem Camp-Alltag, von Verzweiflung und unglaublicher Energie, von der Suche nach einer Brille für den vollbandagierten Vater und der Rückkehr in die zerstörte Heimatstadt. Die Mischung aus Naivität und Professionalismus ist absolut märchenhaft.

Fritz Göttler

8 / 13

Machines

Machines Film

Quelle: Sundance Institute

Indisch-deutsch-finnische Produktion, Musterbeispiel für eine Dokumentation, die beste Absichten mit plakativster Rhetorik verknüpft. Die Kamera schwelgt geradezu in der Düsternis elender Arbeitsbedingungen, wenn Regisseur Rahul Jain eine Textilfabrik in Südindien besucht. Anstatt Schicksale präzise zu schildern und gesellschaftliche Strukturen durchsichtig zu machen, suggeriert er Betroffenheit, und wenn die Elendsbilder in der Fabrik dafür nicht hinreichen, zeigt er eben Kinder, die im Giftmüll wühlen.

Rainer Gansera

9 / 13

Mord im Orient-Express

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Quelle: SZ

Aus der schönsten aller Agatha-Christie-Geschichten hat Kenneth Branagh großartige Schauwerte herausgeholt: Wenn ein Krimi schon im elegantesten aller Züge spielt, sollte das Kristall im Speisesaal funkeln, die Mahagoni-Vertäfelung schimmern und die Landschaften, die vor den Fenstern vorüberziehen, sollten ins zauberhafte Rot der Abendsonne getaucht sein. Was aber die Figuren betrifft, schillert nur der Detektiv Hercule Poirot, den Branagh selbst spielt. Der Rest der mörderischen Reisegesellschaft, von Michelle Pfeiffer über Penélope Cruz bis zu Johnny Depp, macht Dienst nach Vorschrift. Für die erste Klasse reicht das nicht.

Susan Vahabzadeh

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Simpel

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Quelle: Gordon Timpen; SMPSP

Wenn ein junger Mann sich nur um seine Familie kümmern muss und darüber hinaus sein eigenes Leben vergisst, dann hat er ein Problem. Wenn die kranke Mutter stirbt und der behinderte Bruder ins Heim soll, erst recht. Also fahren Ben (Frederick Lau) und Barnabas alias Simpel (David Kross) in die weite Welt hinaus, genauer gesagt nach Hamburg. In Markus Gollers Verfilmung des gleichnamigen Jugendbuchs treffen die beiden Brüder auf lauter nette Menschen, Medizinstudentinnen oder Prostituierte zum Beispiel. Hier haben sich fast alle lieb, was von der Erzählung her vielleicht etwas simpel, in Zeiten von Hasskommentaren im Internet und gesellschaftlicher Spaltung ja auch ganz schön ist. Und bald ist wieder Weihnachten.

Josef Grübl

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Suburbicon

Kinostart - 'Suburbicon'

Quelle: dpa

Die Vorstadtkultur der Fünfziger hört nicht auf, das Kino zu beschäftigen. George Clooney schickt diesmal Julianne Moore und Matt Damon in ein Reihenhäuschen und lässt sie eine klassische Noir-Geschichte aus der Feder der Coen-Brüder aufführen. Das machen die beiden ziemlich gut, nur will Suburbicon irgendwie auch Anklage gegen den Rassismus sein. Auf dem Nachbargrundstück findet ein Pogrom gegen eine schwarze Familie statt. Irgendwie kann sich der Film dann aber doch nicht so richtig entscheiden, sich für ihn zu interessieren und zieht lieber den Noir-Plot durch.

Philipp Bovermann

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Die Welt sehen

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Quelle: SZ

Nach einem schwierigen Einsatz in Afghanistan sollen die Soldatinnen Aurore und Marine mit ihrer Truppe in einem schicken Hotel ausspannen und das Erfahrene verarbeiten. Aber ein paar Tage Sonne lassen ein Trauma nicht verschwinden, und Gewalt gibt es nicht nur im Auslandseinsatz. Der Film der Französinnen Muriel und Delphine Coulin baut ganz auf seine beiden jungen Hauptdarstellerinnen Ariane Labed und Soko, ist im Thema aber etwas unentschlossen.

Karoline Meta Beisel

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Werner Nekes - Das Leben zwischen den Bildern

Werner Nekes

Quelle: mindjazz pictures

In ihrem informativen Porträt des Experimentalfilmers Werner Nekes, der dieses Jahr gestorben ist, präsentiert Ulrike Pfeiffer ein Werk, in dem das Sammeln und Erforschen alter optischer Gerätschaften zum Quell für neuartige Filmexperimente wird. Auch erfährt man viel über die Geschichte des deutschen Avant-Garde-Films - und dass Nekes' alter Kompagnon Helge Schneider beim Schachspielen gern mal schummelt.

Philipp Stadelmaier

© Süddeutsche Zeitung vom 09.11.2017/efo
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