Film:Meisterwerke und Widersprüche

Seit mehr als 100 Jahren gibt es die Produktionsfirma Ufa. Ihre Geschichte ist verwickelt und unübersichtlich, sie handelt von filmischen Visionen, politischer Unterdrückung und modernem Marketing. Eine Ausstellung im Kunstfoyer gibt Einblicke

Von Fritz Göttler

Der Devisenkoffer von Zarah Leander ist eins der zentralen mythischen Stücke dieser Ausstellung - die schwedische Diva hatte sich von der Ufa garantieren lassen, dass ihr die Hälfte ihrer Gage in schwedischen Kronen ausgezahlt wurde, Geld, das sie aus dem Einflussbereich von Hitlers Reich abziehen konnte. Wie bei allen Ausstellungen zum Kino sind allerdings Originalobjekte eher Dreingabe, Filmgeschichte lässt sich vor allem exponieren durch Plakate, Aufnahmen vom Dreh, Starfotos, Konstruktionszeichnungen, Drehpläne ... und Filmausschnitte. Das heißt, man muss sich einige Zeit nehmen für die 101-jährige Geschichte der Ufa, die diese Ausstellung skizziert.

Das berühmte Markenzeichen kennt wohl jeder, den Ufa-Rhombus, mit dem langgezogenen "f", das sich wie eine Filmrolle kringelt, der durch die Jahrzehnte beibehalten wurde, er war in den wenigen Ufa-Kinos, die in München übrig blieben, bis in die Achtzigerjahre präsent.

Die Geschichte, die sich in diesem Rhombus konzentriert, lässt sich wohl nicht auf eine eindeutige Linie bringen, sie hat mit filmischen Visionen, politischer Unterdrückung und modernem Marketing zu tun. Mythisch sind die ersten Jahrzehnte, als die Ufa, 1917 eigentlich mit militärisch-patriotischen Intentionen gegründet, schnell zu einem Global Player und einem kreativen Pool im Filmgeschäft wurde, aus dem sich sogar Hollywood bediente, als es Regisseure wie Ernst Lubitsch oder Friedrich Wilhelm Murnau mit großzügigen Angeboten nach Amerika lockte. Auf einen solchen Pool verweist man auch bei der neuen Ufa heute, die von den zeitgeschichtlichen Event-Serienprogrammen geprägt wird, die Nico Hofmann mit seiner Firma Team Worx erfolgreich produziert: "Die Sturmflut" (für RTL), "Dresden" (fürs ZDF) und "Die Luftbrücke - Nur der Himmel war frei" (für Sat 1), alle 2005/2006.

Die Ufa-Geschichte ist verwickelt und unübersichtlich, es gab diverse Niedergänge, Auflösungen, Privatisierungen, eine Verstaatlichung und Neuanfänge. Man kann diese Geschichte nicht als eine Abfolge von Meisterwerken erzählen, deshalb haben die Kuratoren Peter Mänz und Klaudia Wick und Rainer Rother, der Direktor der Stiftung Deutsche Kinemathek starke eigene Akzente gesetzt, Perioden, die nicht den naheliegenden historischen Markierungen folgen, sondern Kontinuitäten und Konsequenzen sichtbar machen. Natürlich gibt es den Drachen, der für Fritz Langs "Nibelungen" in Babelsberg gebastelt wurde, und die Konstruktionen für den Hans-Albers-Film "F.P.1 antwortet nicht", natürlich gibt es Emil Jannings und Brigitte Helm, Heino Ferch - er ist der Mann, der am meisten in Ufa-Produktionen spielte - und Götz George - der aus der Ufa-Schauspielschule kam. Aber es gibt auch zahlreiche Hinweise auf das Alltagsgeschäft einer Produktionsfirma, die Bread-and-butter-Produktionen. Und es gibt ein Kapitel zu Rudi Feld, der 1926 als Presse- und Propagandachef der Ufa engagiert wurde, die spektakulären Werbefassaden des Berliner Ufa-Palastes schuf und 1933 gefeuert wurde, als die Ufa sich schnellstens ihrer jüdischen Mitarbeiter entledigte.

Man muss immer aufpassen, dass man das nicht unwillkürlich gleichsetzt, die Ufa und das deutsche Kino der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts. Die Filme von Leni Riefenstahl zum Beispiel waren keine Ufa-Filme, sie hatte eine eigene Produktionsfirma - noch eine Frau, die sich Joseph Goebbels widersetzte, dem süchtigen, sehsüchtigen Propagandaminister, der mit allen Mitteln das deutsche Kino an die Hollywood-Standards heranführen wollte.

Auch in der jungen deutschen Nachkriegsproduktion gab es Widersprüche, verordnete Direktiven, Zensur, Schnittauflagen - Helmut Käutners dirty little picture "Schwarzer Kies" von 1961 zum Beispiel, mit seinem düsteren Bild von Korruption und Engstirnigkeit in einem Städtchen im Hunsrück. In der Ausstellung ist die Szene zu sehen, die Käutner herausschneiden musste - ein unbelehrbarer Alter lässt einen bösen antisemitischen Spruch los. Da war die Ufa, was die Filmproduktion anging, nicht mehr rentabel, das Fernsehen hatte bereits die Aufmerksamkeit der Zuschauer abgezogen. Als Reinhard Mohn 1964 die Restaktien der Ufa preisgünstig erwarb für Bertelsmann, hatte er seine eigenen Vorstellungen, er wollte die Ufa-Musikrechte, für seine Plattenfirma Ariola. "Unser besonderes Interesse", erklärte Manfred Köhnlechner, damals Generalbevollmächtigter bei Bertelsmann, später als Heilpraktiker TV-legendär geworden, "wir hatten am Filmgeschäft als solchem kein Interesse." Die Ufa-Geschichte wird in dieser Ausstellung immer als Mediengeschichte skizziert, bis hin zum Ufa Lab, das 2009 eingerichtet wurde und mit den ganz neuen Formaten experimentiert, bis hin zur 360-Grad-Kamera. "Im Zeittunnel" heißt diese Abteilung der Ausstellung.

Auch die neue Ufa ist also sicher eine Marke, wie versprochen. Ein Mythos aber, wie die alte, ist sie bislang noch nicht.

Die Ufa - Geschichte einer Marke, Fr., 8. Juni, bis zum 16. September, täglich 9 bis 19 Uhr, Kunstfoyer München, Maximilianstraße 53

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