Film:Der Eberhofer am Lago

Mit "Schweinskopf al dente" hat der Regisseur Ed Herzog keinen bajuwarischen Schmunzel-Krimi, sondern einen komödiantischen Thriller im Stil der Coen-Brüder gedreht

Von Josef Grübl

Wenn das in dem Tempo so weitergeht, könnte er Rita Falk in ein paar Jahren eingeholt haben. Zwei ihrer Romane hat Ed Herzog schon verfilmt, heute startet mit "Schweinskopf al dente" der dritte Kinofilm aus Falks Eberhofer-Krimireihe. Auch Nummer vier ("Grießnockerlaffäre") ist bereits abgedreht, der Film kommt nächstes Jahr in die Kinos. Derzeit gibt es sieben Bücher über den niederbayerischen Dorfpolizisten; sollte ihm das Publikum also treu bleiben, wird es wohl irgendwann sieben (oder mehr) Filme geben.

So weit im Voraus denkt der Regisseur aber nicht: Bei der "Schweinskopf"-Premiere letzte Woche zeigte sich Herzog erleichtert über die vielen Lacher im Kinosaal, gerade bei Komödien gelten die Münchner (anders als zum Beispiel die humorigen Kölner) ja als eher reserviert. Aber da muss er durch, schließlich läuft der Film auch nur in Bayern. Wenn er nach Hause fährt, kann er ihn nicht mehr sehen: Ed Herzog lebt seit Jahrzehnten in Berlin, in den Freistaat kommt er nur zum Arbeiten. Anders als seine Filmfiguren kann er kein Bairisch, bei der Premiere und in Interviews spricht er Hochdeutsch.

Film: Ein akribischer Arbeiter: Regisseur Ed Herzog (li.) mit seinem Kameramann Philipp Sichler bei den Dreharbeiten zu "Schweinskopf al dente" am Gardasee.

Ein akribischer Arbeiter: Regisseur Ed Herzog (li.) mit seinem Kameramann Philipp Sichler bei den Dreharbeiten zu "Schweinskopf al dente" am Gardasee.

(Foto: Bernd Schuller)

Was prädestiniert also den Mann mit dem drahtigen Schnauzer für die derzeit erfolgreichste Bayernfilmreihe in den Kinos? "Seine Ruhe", sagt Lisa Maria Potthoff, die Eberhofers Freundin Susi spielt. "Er weiß, was er will, und erklärt einem das auch ganz genau." Sigi Zimmerschied, dessen Rolle als Polizeidienststellenleiter Moratschek im aktuellen Fall ausgebaut wurde, sagt über seinen Regisseur: "Das Lakonische und die Fähigkeit zur skurrilen Verdichtung können nicht viele. Er aber beherrscht es." Dass Herzog in einer Kleinstadt im Schwarzwald geboren und aufgewachsen ist, sei von großem Vorteil, findet Kerstin Schmidbauer: "Der Ed weiß, wie die Provinz tickt." Die Produzentin war es auch, die ihn für den ersten Eberhofer-Film verpflichtet hat, seitdem sind die beiden ein eingespieltes Team. Sie fand den schrägen Witz seiner "Polizeirufe" und "Tatorte" gut, er dagegen kannte die Romane von Falk gar nicht. Das Drehbuch von "Dampfnudelblues" überzeugte ihn aber. Der Film sollte ursprünglich nur im Fernsehen laufen, die Macher waren vom Ergebnis aber so überzeugt, dass sie ihm im Sommer 2013 eine Kinoauswertung spendierten. Das war eine gute Entscheidung: Die ersten beiden Teile ("Winterkartoffelknödel" startete ein Jahr später) hatten über eine Million Kinozuschauer - ein mehr als respektables Ergebnis für Filme, die nur in bayerischen Kinos liefen.

Am Tag nach der Münchner Premiere schlendert Ed Herzog durch die Lobby des Bayerischen Hofs, draußen ist es brütend heiß, also bleibt man im Atrium des Hotels. Wie ein Komödienking wirkt er nicht, Humorbegabung sieht man den Leuten ja meistens nicht an. Der 50-Jährige trägt ein luftiges Hemd und Sandalen, mit Trachtenfolklore hat er es nicht so. Auch die Figuren in den Eberhofer-Filmen stecken nicht in Dirndln oder Lederhosen, der Regisseur begründet das mit ihrer Herkunft: "In Niederbayern sind die Leute geradliniger, die laufen im Alltag nicht in Tracht herum." Ihm gefalle das, auch das Schmucklose in den Dörfern, die fehlenden Schnitzereien oder Lüftlmalereien an den Häusern. Mit solchen Aussagen sollte er allerdings vorsichtig sein, erst kürzlich zog sich Rita Falk den Zorn der Niederbayern zu, als sie sie in einem Interview als "spröde" bezeichnete und von "fehlenden Geranien" und "kargen Landschaften" sprach.

Für einen Filmemacher, der ein Fan von Gerhard Polt und Karl Valentin ist, der sich einiges von den Coen Brothers abgeschaut hat und von den bösen Österreichern Ulrich Seidl und David Schalko schwärmt, kann es gar nicht spröde und karg genug sein. Für Bayerntümelei hat er wenig übrig, für die Filme einiger Kollegen ebenso wenig: "Was mich an manchen bayerischen Filmen stört, ist dieses unerschütterliche Mia-san-mia-Gefühl."

Vielleicht braucht es gerade diesen Blick von außen, vielleicht ist das Ed Herzogs Erfolgsrezept. Das müssten andere beurteilen, wiegelt er ab, ihm gehe es nur um die Filme. Toll sei zum Beispiel, dass die Romanvorlage zum aktuellen Teil eine andere Tonart habe. "Schweinskopf al dente" ist ein komödiantischer Thriller und kein Schmunzel-Krimi. Eberhofer (Sebastian Bezzel) und sein Kumpel Rudi Birkenberger (Simon Schwarz) gehen nicht auf Mördersuche, sondern müssen einen aus dem Gefängnis ausgebrochenen Serienkiller einfangen. Das ist ein entscheidender Unterschied - und vermutlich auch der Grund dafür, dass der Geschichte, die zum Teil am Gardasee spielt, bei aller Schrulligkeit zwischendurch mal die Puste ausgeht. Wegen der Storys selbst schaut sich keiner die Eberhofer-Filme an, das weiß auch der Regisseur: "Der Plot ist immer zweitrangig", sagt er. "Zwar versuchen wir immer, eine Balance zu finden, aber die Stärke der Bücher sind eindeutig die Charaktere."

Die Fans lieben den Eberhofer, die Oma, den Rudi, den Simmerl oder den Flötzinger. Jeder von ihnen ist wichtig, doch nur im Ensemble entfalten sie ihre Größe. Das bestätigen auch die Schauspieler: "Ed achtet sehr darauf, dass es keine Solos gibt", sagt Sigi Zimmerschied, die Teamleistung sei ihm sehr wichtig. Ebenso wichtig seien die Neuzugänge und Gastrollen, betont Herzog, sie bringen frischen Wind ins (fiktive) Niederkaltenkirchen.

Im aktuellen Film darf Francis Fulton-Smith den herrlich blasierten Polizeichef Barschl spielen. "Und weil der etwas Besseres ist, darf er auch einen Trachtenjanker anziehen", sagt der Regisseur lachend. Der heimliche Star ist aber der Österreicher Gregor Bloéb, als mordender Psychopath verleiht er dem Film noch einmal eine völlig eigene Note. Das sei auch das Schwierigste an der Reihe, gibt Herzog zu: Die Filme sollen vertraut wirken, gleichzeitig müsse er dem Publikum aber ständig etwas Neues bieten. Noch ein Gruppenbesäufnis im Wirtshaus? Kommt nicht infrage, das gab's schon in den Vorgängerfilmen. "Es ist gar nicht so schlecht, dass der Franz im fünften Roman nach München versetzt wird", sagt er und wagt einen Blick in die Zukunft. "Dann hat man auch wieder andere Schauplätze."

Vorher gönnt sich der Familienvater Urlaub in Griechenland, im Herbst dreht er dann einen "Tatort" mit Christian Ulmen und Nora Tschirner. Die beiden ermitteln in Weimar, für den lakonischen Witz sorgt aber ein Berliner, der auch als Niederbayern-Versteher durchgehen könnte.

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