Festival:Was zählt, ist Qualität

Festival: Sein erstes Jahr als Intendant der Europäischen Wochen Passau lief sehr erfolgreich. Trotzdem plant Thomas E. Bauer, hier im Konzerthaus Blaibach, weiter einen fundamentalen Umbau der Festivals.

Sein erstes Jahr als Intendant der Europäischen Wochen Passau lief sehr erfolgreich. Trotzdem plant Thomas E. Bauer, hier im Konzerthaus Blaibach, weiter einen fundamentalen Umbau der Festivals.

(Foto: Marco Borggreve)

Als Intendant der Europäischen Wochen in Passau setzt Thomas Bauer auch 2018 auf große Namen

Von Sabine Reithmaier, Passau

Sol Gabetta, Martin Grubinger, Enoch zu Guttenberg, das Bruckner Orchester Linz, die Regensburger Domspatzen, der Stuttgarter Kammerchor - an großen Namen mangelt es nicht im Programm der Europäischen Wochen Passau für das nächste Jahr. Aber von der großen Umwandlung der Festspiele, die Thomas E. Bauer angekündigt hat, ist noch wenig zu spüren, sieht man mal vom "Vorspiel" mit Schafkopfturnier ab. "Wir haben für 2018 das bewährte Modell von 2017 noch einmal aufgelegt", bestätigt der Intendant des niederbayerischen Festivals denn auch. "Es ist eine Atempause für mich, um das Jahr 2019 vorzubereiten."

Seit Oktober 2016 ist der Sänger Intendant der Europäischen Wochen. Seine erste Saison lief zweifelsfrei gut. Er setzte auf hochkarätige Künstler und weniger Veranstaltungen - statt 72 auf nur 48 - und konzentrierte sie auf sechs verlängerte Wochenenden. Das Konzept ging auf: Mit 17 500 Besuchern zählte das Festival deutlich mehr Gäste als jemals zuvor.

Der Fahrplan für 2018 sieht ähnlich aus: Noch mehr Stars in 40 Veranstaltungen an fünf Wochenenden, die von Mittwoch bis Sonntag reichen. Bauer wäre aber nicht Bauer, wenn ihm die ersten Erfolge genügen würden. Das sei doch bloß ein "bisschen Make-up", eine Aufhübschung, sagt er. "Einfach nur weiter Konzerte zu machen wie bisher, bringt aber nichts", sagt der 47-Jährige und landet sofort bei seinen Visionen, die ihn schon zu seiner Blaibacher Konzerthaus-Initiative beflügelten. "Ich habe einfach die Idee, dass der ländliche Raum Trendsetter im Bereich hochkarätiger Kultur wird." Dazu bedarf es gebündelter Kräfte, weshalb er eine gemeinsame Plattform ins Leben rufen will, in die sich jene Kommunen einklinken, die das Standortpotenzial Kultur erkennen. Diesen Verbund könnte der Freistaat dann mit einem Infrastrukturprogramm fördern. "Schließlich spricht die Politik gern davon, dass überall in Bayern gleichwertige Lebensverhältnissen herrschen sollen." In anderen Bereichen hätte Niederbayern auch schon viel erreicht. "Aber im Bereich der international ausstrahlenden Künste hinken wir hinterher." In die Verwirklichung seiner Vorstellungen investiert Bauer viel Zeit und Kraft, ist in diplomatischer Mission unterwegs, redet mit Bürgermeistern, Landräten, Bezirkspräsidenten. Die meisten seien sehr aufgeschlossen, sagt er. Bis 2019 soll sich diese Bewegung, eventuell unter dem Dach der Europäischen Wochen, formiert haben.

Den fundamentalen Umbau der Festspiele möchte Bauer bis dahin auch abgeschlossen haben. "Ich muss etwas anbieten, was der Zuhörer woanders nicht erhält, was weit über das hinausgeht, was andere Orte in Bayern machen." Beispielsweise die Möglichkeit, mehr als 100 Konzerte an einem Wochenende zu besuchen mit einem relativ kostengünstigen Festivalpass, den man sich aufs Handy laden kann; Kinder und Jugendliche sind frei. Aber Achtung: Ein "Wurstsemmel-Festival" will er nicht. So nennt Bauer jene Events, die die Musik zwar im Titel führen, aber mehr auf Bürgerfest-Atmosphäre zielen. "Da gehst du hin, weil du einen schönen Abend haben willst, nicht wegen der Künstler." Das käme für die Europäischen Wochen nicht in Frage, "bei uns stehen immer Konzerte mit hoher Qualität im Zentrum".

Die Umsetzung dieses Vorhabens ist kostspielig, bedarf neuer Sponsoren, zusätzlicher Netzwerke und politischer Übereinkünfte. "An diesen Dingen schmiede ich gerade." Bauer will die 200 Mitglieder seines Trägervereins davon überzeugen, dass eine schlagkräftige Betriebsstruktur nötig ist. "Ich strebe die Umwandlung in eine gemeinnützige GmbH an." Außerdem hätte er gerne einen an Mitgliedern stärkeren Verein. Vielleicht erleichtere ein "Business-Zugang" den Beitritt, überlegt er. Ein Mitglied mit Festivalpass dürfe dann zehn Minuten früher in einen Saal, in dem es keine reservierten Plätze gibt.

Bauers Tempo und sein Wille, vieles zu verändern, ist manchen unheimlich. Er könne auch nicht ausschließen, dass er anderen auf die Nerven gehe, sagt er. "Irgendwann werden sie mich teeren, federn und zurück in die Großstadt jagen." Aber bis dahin hat er Niederbayern in ein Kulturland verwandelt.

Programminfos unter www.ew-passau.de

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