Festival:Tiefenrausch

Tubax

Norbert Stammberger spielt Tubax. Sopransaxofonisten haben es dagegen deutlich leichter.

(Foto: GNU Records & Publishing)

Benedikt Eppelsheim hat mit dem Tubax ein kompaktes Bass-Saxofon entwickelt. In der Halle 6 zeigen Musiker, welche Ausdruckskraft in diesem ungewöhnlichen Instrument steckt

Von Ralf Dombrowski

Eigentlich würde er ganz gerne ein Altsaxofon bauen, sagt Benedikt Eppelsheim, aber das sei nicht zu finanzieren. Und das hänge nicht nur mit den Instrumenten an sich zusammen, sondern vor allem mit den Maschinen, die man extra konstruieren muss, um die Schalltrichter und Röhren in die passende Form zu bringen. So hat sich Eppelsheim mit seiner Werkstatt am Münchner Ostbahnhof auf Exoten spezialisiert, die er zum Teil selbst entwickelt und weltweit als einziger oder nur mit kleiner, überschaubarer Konkurrenz präsentiert. Es sind Instrumente der ganz hohen Lagen wie das Soprillo oder für die tiefen Töne Bass- und Kontrabass-Saxofone, Kontrabassklarinetten und das so genannte Tubax, ein besonders kompakt gebautes Bass-Saxofon. "Das erste dieser Instrumente hatte ich 1998 in Arbeit. Fertig war es dann ein Jahr später", erzählt Benedikt Eppelsheim, der als Gast bei der zweiten "Multi ITSS International Tubax Super Session" in der Halle 6 an der Dachauer Straße die Eb-Variante seines Instruments mitbringt.

"Inzwischen sind etwa 65 Tubaxe entstanden, die von Spezialisten in aller Welt gespielt werden." Etwa 300 Arbeitsstunden sind pro Instrument fällig, das hat nichts mehr mit Industrieproduktion zu tun und erklärt auch, warum man sich für ein Tubax auch einen Mittelklassewagen kaufen könnte. Die Musiker aber sind begeistert, schließlich ist Eppelsheims Entwicklung nicht nur vergleichsweise leicht zu spielen, sondern kämpft auch nicht mit Intonationsunschärfen und ähnlichen Problemen solcher Instrumente mit extremen Tiefen. Bei der dreitägigen "Tubax Super Session" greifen daher Norbert Stammberger, Dario Fariello und Frank Szardenings abwechselnd zu dem kostbaren Leihinstrument, um in verschiedenen Konstellationen dessen Möglichkeiten auszuloten.

Dabei geht es weniger um die Kreation bekannter melodischer Environs als eher um die Entfaltung frei fließender Klangströme, die die Extreme des denkbaren Ausdrucks in Blech und Elektronik auskosten. Ergänzt um den Tubaisten Amaiur Gonzalez Montreal und den Effektgestalter Stefan Voglsinger experimentieren die Musiker mit den Konstellationen und Widersprüchen der Besetzungen. Eruptiv Extremes steht neben Gehauchtem, furioses Tutti neben dezentem Solo, schrill fiependes Obertongebläse neben wuchtigem Nebelhorngetöse. Tuba und Tubax spornen einander an, unterbieten sich mit Frequenzen. Voglsinger steuert von seinem Pult aus mit diversen elektronischen Kleingeräten Geknister und Geräusche bei, lagenübliche Saxofone unterstreichen außerdem die Forderung nach Expressivität.

Die zweite "Multi Tubax Super Session", die an diesem Samstag zu einer weiteren Klangerlebnisreise lädt, präsentiert damit eine wild emphatische Mixtur der Ausdrucksformen zeitgenössisch frei improvisierender Musik. Und Benedikt Eppelsheim sitzt schmunzelnd, mit einem Hauch von Wehmut im Blick bis zum Ende des Abends im Publikum. Schließlich kann ein Tubax noch viel mehr, als vehement zu agieren. Aber das ist eine Entscheidung der Künstler, nicht des Instrumentenbauers.

2. Multi Tubax Super Session, Sa., 20. August, 20 Uhr, Halle 6, Dachauer Straße 112d, www.halle6.net

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