Festival:Schlaglichter aufs Unerwartete

Festival: Das Theater Hof entsendet Carl Zuckmayers "Des Teufels General" in der Inszenierung der jungen israelischen Regisseurin Sapir Heller nach Bamberg.

Das Theater Hof entsendet Carl Zuckmayers "Des Teufels General" in der Inszenierung der jungen israelischen Regisseurin Sapir Heller nach Bamberg.

(Foto: Dietz Harald)

Bayerische Theatertage in Bamberg: Sie sind Rainer Lewandowskis Dank nach 25 Jahren als Intendant

Von Florian Welle

Rubbel die Weltkugel. Das E.T.A.-Hoffmann-Theater als diesjähriger Ausrichter der Bayerischen Theatertage (kurz BTT) hat sich für das größte Theaterfestival des Freistaats ein Bild-Motto ausgedacht. Plakate und Programmhefte zeigen eine große Hand, die einen goldenen Globus hält. Heißt: Von diesem Montag an bis zum 23. Mai ist Bamberg der Nabel der Welt. Mit der Erdkugel hat es aber auch noch eine zweite Bewandtnis. Der Goldgrund lässt sich abrubbeln. Was sich dahinter verbirgt, wird hier nicht verraten. Eindeutig ist aber die Aussage des Bildes: Theater offenbart sonst Verborgenes.

Die Leistungsschau bayerischer Theater, in jährlich wechselnden Städten gibt es seit 1983. Damals haben August Everding und Ernst Seiltgen die BTT mit dem Ziel ins Leben gerufen, die gesamte Vielfalt der Theater von München bis Hof und von Memmingen bis Passau geballt zu präsentieren - jedes Haus darf selbst entscheiden, welche Produktion der laufenden Saison es zeigen will. Was vor mehr als 30 Jahren in Nürnberg mit elf Inszenierungen von elf Häusern verhältnismäßig bescheiden anfing, ist heute Bayerns größtes Theaterfestival. In Bamberg werden im Großen Haus sowie auf der Studiobühne mehr als 40 Inszenierungen von 29 Theatern zu sehen sein, eingerahmt von einem umfangreichen Begleitprogramm. Damit der Zuschauer das große Angebot etwas entspannter als sonst genießen kann, entschied sich das Theater unter der Leitung von Rainer Lewandowski dafür, die BTT von bisher zwei auf drei Wochen auszudehnen. Bis auf Ausnahmen werden so nie mehr als zwei Stücke an einem Tag gezeigt.

Bamberg ist Festival-erfahren. Es ist nunmehr das insgesamt sechste Mal nach 1984, 1992, 1999, 2005 und 2011, dass die Stadt als Veranstalterin fungiert - so oft wie keine andere. Fünf Mal davon war Rainer Lewandowski der Hausherr. Für ihn sind die BTT stets eine Herzensangelegenheit gewesen. Was nicht nur an der Häufigkeit abzulesen ist, mit der er sich um die Ausrichtung bemüht, sondern auch an den Neuerungen, die er eingeführt hat. Die vielleicht wichtigste von ihnen: 1992 wurde das Kinder- und Jugendtheater erstmals in das Festival integriert. Anders als heute, wo die Jugendsparte fester Bestandteil aller Häuser ist, führte es damals noch ein Nischendasein. Dadurch dass es seinen Platz im Programm erhielt, wurde es entsprechend aufgewertet. Heuer sind die Kinder- und Jugendstücke nicht mehr über den gesamten Festivalzeitraum verteilt (wie all die Jahre zuvor). Stattdessen werden sie, mehr oder weniger gebündelt, an den letzten Tagen gezeigt.

Rainer Lewandowski begeht heuer sein 25. Dienstjubiläum. Gleichzeitig ist die Spielzeit seine letzte im Amt. Ihm folgt im Herbst Sibylle Broll-Pape, mit neuem Ensemble, neuen Ideen. Mit dem Stabwechsel wird nach einem Vierteljahrhundert eine Ära zu Ende gehen, und so versteht Lewandowski die diesjährigen Theatertage vor allem auch als ein Dankesgeschenk: "Wir werden nicht punktuell tschüss sagen, sondern ein Theaterfest geben, mit welchem wir uns von Bamberg, von diesem Hause und voneinander verabschieden werden."

Ein Blick auf das Programm zeigt, dass die BTT auch in diesem Jahr die gesamte Palette des Gegenwartstheaters widerspiegeln. Es gibt Literaturadaptionen. Die Münchner Kammerspiele schicken "Hundeherz" nach der böszüngigen Erzählung von Michail Bulgakow, das Theater Augsburg seinen "Michael Kohlhaas" - Kleists düster voranpreschende Novelle über Macht und Ohnmacht. Vor allem aber darf man gespannt sein auf Erich Kästners "Fabian" in der Inszenierung des Coburger Landestheaters. Die Aufführung besitzt ein aufwendiges Dreh-Bühnenbild, das allerdings aus technischen Gründen nicht eingerichtet werden kann. Die Drehscheibe, die zwar im Großen Haus des E.T.A.-Hoffmann-Theaters vorhanden ist, kann wegen des dichten Terminplans nicht installiert werden. Die BTT sind immer auch ein Drahtseilakt.

Einen weiteren Schwerpunkt bildet das Musiktheater. So präsentiert etwa das Landestheater Schwaben die Heavy-Metal-Oper "Kanaan" und die Bamberger selbst ihre Theateradaption des Films "Wie im Himmel" von Kay Pollak, die dieser Tage Premiere hatte (Kritik folgt). Aber auch Klassiker wie Schillers "Die Jungfrau von Orleans" (Theater Erlangen) bis zu Heiner Müllers "Der Auftrag" (Mainfranken Theater Würzburg) sind vertreten. Für reichlich Diskussionsstoff in den Nachgesprächen mit Regisseuren und Ensemblemitgliedern könnte im Festivalzelt zudem "Des Teufels General" in der Inszenierung des Theaters Hof sorgen: Die junge Israelin Sapir Heller hat Carl Zuckmayers Nachkriegsdrama vor dem Hintergrund eines abstrakt-kühlen Bühnenbildes allein mit männlichen Schauspielern einstudiert.

Programm unter www.bayerische-theatertage.de, Karten online über eventim.de

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