Festival:Poesie aus dem Norden

"Traunsteiner Sommerkonzerte" importieren Musik aus Dänemark

Von Egbert Tholl, Traunstein

Seit 1980 gibt es zwischen München und Salzburg ein Kammermusikfestival von höchster Qualität. Die "Traunsteiner Sommerkonzerte" bieten seit ihrer Gründung die Möglichkeit, wirklich bedeutende Musiker in einem sehr intimen Rahmen zu hören. Und meist spielen sie dabei auch noch Musik, vor der die meisten Veranstalter in München erschrocken zurückweichen. Aber in Traunstein ist das möglich. In der Pause gibt es draußen selber geschmierte Leberwurstbrote, drinnen beste Kunst. Das Drinnen ist in diesem Jahr allerdings ein anderes: Die Klosterkirche muss saniert werden, deshalb finden die Konzerte im Sitzungssaal des Landratsamtes statt. Der Herzlichkeit und Intimität wird das kaum einen Abbruch tun.

Dorothee Ehrensberger, die Gründerin des Festivals, hatte zu vielen Künstlern einen sehr guten Draht. Viel Geld verdient hier niemand, es geht um die Kunst allein. Als Ehrensberger vor vier Jahren starb, geschah das Erstaunliche, dass Imke von Keisenberg das Festival mit dem gleichen Profil und herausragenden Musikern fortsetzen konnte. Getreu dieser Linie haben die "Traunsteiner Sommerkonzerte" in diesem Jahr, in dem sie vom 1. bis zum 7. September stattfinden, wieder einen Schwerpunkt, den man so im normalen Konzertbetrieb nur in Ansätzen findet: Musik aus Dänemark.

Dänemark? Am ehesten kennt man bei uns vermutlich Carl Nielsen, dessen Symphonien einem hin und wieder im Repertoire der großen Symphonie-Orchester, auch in München, begegnen. In Dänemark ist seine Oper "Saul und David" seit ihrer Uraufführung 1902 ungebrochen populär. Kenner Alter Musik ist dann noch der Name Diderich Buxtehude ein Begriff, auch wenn die meisten ihn, da er viel in Lübeck wirkte, für einen Deutschen halten. Doch damals galt er in Lübeck als der "Große Däne". Kopenhagen war im 17. Jahrhundert eines der europäischen Musikzentren: Heinrich Schütz und John Dowland arbeiteten hier am Hof. Im 19. Jahrhundert begann sich auch in Dänemark, wie in fast allen europäischen Ländern, eine Art von Nationalschule herauszubilden, zu der man Nielsen rechnen kann. Oder etwa, wenige Jahrzehnte vor ihm, Niels Wilhelm Gade. In den Vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts pflegte der einen regen Kontakt mit Leipzig, zu Schumann und Mendelssohn; er war verliebt in die deutsche Romantik und wählte sich das Motto "Formel hält uns nicht gebunden, unsre Kunst heißt Poesie". Musik von Gade und Nielsen kann man nun von (nicht nur) dänischen Ensembles und internationalen Künstlern in Traunstein hören. Und natürlich, neben Korrespondenz-Komponisten wie Brahms, Schumann oder Tschaikowski Musik der Moderne.

Das gehört in Traunstein dazu, das ist auch immer aufregend. In diesem Jahr gibt es an drei verschiedenen Abenden Musik von Per Nørgård. Dieser erhielt im vergangenen Jahr den Ernst von Siemens Musikpreis, den wichtigsten Musikpreis überhaupt, und zeigt mit sehr eigenständigen Ideen die Neugierde der Avantgarde aus dem Norden.

Traunsteiner Sommerkonzerte, Fr., 1., bis Do., 7. Sep., www.traunsteiner-sommerkonzerte.de

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