Festival:Perugia, Wien, Unterföhring

Dianne Reeves

Eine Jazz-Diva wie in alten Zeiten: Die Sängerin Dianne Reeves verbindet das Traditionelle ihrer Kunst mit Eigenständigkeit und Elementen der Moderne.

(Foto: Universal Music)

Mit dem 13. Jazz-Weekend holt sich die Gemeinde am nordöstlichen Stadtrand Münchens die schillernde Welt des Jazz ins Bürgerhaus. Star der Veranstaltung ist die amerikanische Sängerin Dianne Reeves

Von Ralf Dombrowski

Tags zuvor Perugia, weiter nach St. Moritz. Außerdem Wien, Kopenhagen Mailand und andere europäische Metropolen. Unterföhring fügt sich selbstbewusst in den Tourneeplan einer Künstlerin ein, die als Weltstar des Jazz gehandelt wird. Denn Dianne Reeves gehört zu der Handvoll Sängerinnen, die in der Generation nach den Koryphäen der swingenden Bebop-Ära nicht nur Traditionsbewusstsein dokumentieren, sondern auch Eigenständigkeit präsentieren. Geboren in Detroit zu einer Zeit, als Soul und Funk gerade zur Blüte heranreiften, außerdem die kleine Cousine von George Duke, dem Groove-König des Fusion-Jazz, und Nichte des Bassisten Charles Burrell, wurde sie in einem musikalischen Umfeld groß, das inspirierender kaum hätte sein können. Vor allem aber hatte Dianne Reeves schon als Newcomerin das außergewöhnliche Talent, vokale Wucht und eloquente Leichtigkeit zu verknüpfen. Ihre Mischung aus musikantischem Witz und gestalterischem Ernst, aus warmem, anschmiegsamem Alt-Timbre, Intonationssicherheit und improvisatorischer Lässigkeit machte sie zu einer der raren Meisterinnen ihres Fachs, bei der alle positiven Eigenschaften eines Bühnenstars zusammenkommen.

Diesmal ist Dianne Reeves am Samstagabend, 18. Juli, der besondere Gast eines Mini-Festivals, das inzwischen zum 13. Mal eine bunte musikalische Mischung in den Münchner Norden bringt. Und zum Zeitpunkt ihres Gastspiels hat das Unterföhringer Jazz-Weekend bereits seinen ersten Konzert-Abend hinter sich. Denn schon am Freitag eröffnen zwei Bands mit anderen musikalischen Schwerpunkten das Wochenende. Beide Ensembles sind auf ihre Art der klassischen Welt verpflichtet, das Schweizer Kaleidoscope String Quartet durch die kammermusikalisch typische Besetzung und die Lust am Spiel mit der an die Form des Streichquartetts herangetragenen Erwartungen, das Duo des Saxofonisten Hugo Siegmeth mit dem Lautenisten Alex Wolf durch die fragile Klanggestalt an der Grenze von Improvisation, Alter Musik und aktueller Komposition. Irgendwie Jazz ist das auch, was genau allerdings klärt am Freitag eine halbe Stunde vor Konzertbeginn der Musikjournalist Oliver Hochkeppel mit einem Einführungsgespräch in die Materie.

Vogelwild und ungeheuer virtuos wiederum endet das 13. Jazz-Weekend am Sonntag bei freiem Eintritt mit dem Matinee-Konzert von Random/Control am S-Bahnhof von Unterföhring. Denn das Trio des österreichischen Pianisten und musikalischen Tausendsassas David Helbock, das ihn mit dem Holzbläser Andi Broger und dem Blechkollegen Johannes Bär zusammenführt, ist ein Laboratorium des improvisierenden Irrwitzes. Es geht den drei Musikern, die übrigens jeder noch mindestens eine Handvoll weitere Instrumente mitbringt, dabei um die Verdichtung zahlreicher Klangeinflüsse von Pop bis Brasilien und zeitgenössischer Moderne bis jazzender Gegenwart. Das ergibt einen Sound voller Anspielungen und Umdeutungen, die manchmal schneller aufeinander folgen, als man wahrzunehmen gewohnt ist, aber gerade deshalb eine große Portion Humor mit auf die Bühne bringen. Und damit spannt das Jazz-Weekend den Bogen ungewöhnlich weit. Denn von kammermusikalischer Noblesse über souljazzig getöntes Entertainment bis hin zu den subversiven Dekonstruktionen alpiner Intellektueller ist es stilgeschichtlich ein weiter Weg. Für das Publikum des Mini-Festivals jedoch bietet das Programm die Möglichkeit, sich an nur einem Wochenende einen Überblick zu verschaffen, mit welch umwerfender Vielfalt man es inzwischen zu tun hat, wenn von Jazz gesprochen wird.

So sind die drei Konzertabende im Unterföhringer Bürgerhaus ein Abbild der akustischen Gegenwart, die zulässt, was sich im Feuerwerk der musikalischen Impulse behauptet. Und sie zeigen, dass, wer von der Kulturstadt München spricht, das Umland mitdenken muss. Schließlich singt Dianne Reeves im Bürgerhaus Unterföhring, nicht in der Philharmonie.

13. Unterföhringer Jazz-Weekend, Freitag bis Sonntag, 17. bis 19. Juli, Konzertbeginn jeweils 20 Uhr, Matinee am Sonntag um 11 Uhr, Bürgerhaus und S-Bahnhof Unterföhring, Münchner Straße 65

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