Festival:Europas Beitrag zum Jazz

Selmer #697 Antoine Boyer

Der französische Gitarrist Antoine Boyer spielt zum Auftakt mit seinem Trio "Selmer #607".

(Foto: Clement Reboul)

Bei den Gypsy-Musiktagen im Fraunhofer wird hörbar, wie populär der Swing der Sinti und Roma bis heute ist

Von Oliver Hochkeppel

Der Gypsy Jazz, gerne auch Sinti Swing, Jazz Manouche oder Hot Jazz genannt, war wohl der einzige originär eigene Beitrag Europas zur Geschichte des Jazz, bis vor gut 20 Jahren von Skandinavien aus eigene Ideen in neuen Stilen mündeten. Seine herausragende Figur ist natürlich Django Reinhardt, auch wenn der belgische Gitarrist ihn nicht erfunden hat: Schon in den frühen Zwanzigerjahren spielten die Brüder Baro, Sarane und Matelo Ferret die französische Musette swingend. Aber in Reinhardts Quintette du Hot Club de France mit dem Geiger Stephane Grappelli reifte der Gypsy Swing zu höchster Blüte. Die Gitarren- und Geigentradition der Sinti- und Romafamilien hat die Musik Django Reinhardts am Leben erhalten, bis sie in den vergangenen Jahren wieder allgemein an Popularität gewann.

Von der Renaissance des Gypsy Jazz zeugen auch die vielen ihm verpflichteten Musiker und Bands der Münchner Szene. Schon zum dritten Mal feiert diese im Theater im Fraunhofer ihre Gypsy-Jazz-Tage. Zum Auftakt formiert sich im Theater des Fraunhofer ein Sextett aus vier heimischen Combos (Monaco Swing Ensemble, Unterbau, Franz Ensemble und Elias Prinz Swingtett) zum Hot Club de M Belleville, gefolgt von einem der vielversprechendsten jungen französischen Gitarristen mit seinem Trio Selmer #607: Antoine Boyer hat bereits mehrere internationale Wettbewerbe gewonnen und ist auf dem Weg, das Aushängeschild der Pariser Gypsy Szene zu werden.

Im nächsten Doppelkonzert speckt zunächst Lukas Bamesreiter seine mit Richard Schwartz gebildete Bigband zum Mycophagy-Ensemble ab und verbindet Gypsy mit Cool Jazz. Mit dem Mönchengladbacher Joscho Stephan (und seinem Trio mit den Münchnern Knud Mensing an der Rhythmusgitarre und Manolo Diaz am Bass) kommt einer der besten deutschen Gypsy-Gitarristen, der nicht nur bereits mit Größen wie Paquito D'Rivera oder Tommy Emmanuel gespielt hat, sondern stilistisch auch auf Blues, Rock, Country oder Latin Jazz zurückgreift. Stephan wird am Samstag auch einen Workshop geben, eine Gitarrenausstellung ergänzt das kleine Festival.

Bei Gewürztraminer, einigen jungen österreichischen Wilden rund um Gidon Oechsner, dem Sohn des lange in München beheimateten Geigers Mic Oechsner, verbindet sich Gypsy Jazz mit Wiener Schmäh und einem Schuss Austropop. Den Schlusspunkt setzten mit einem Tanzfrühschoppen am Sonntag schließlich die Local Heroes vom Monaco Swing Ensemble. Da ist das Parkett im Wirtshaus bereitet für Lindy Hop, Shimmy oder Shag.

Gypsy-Jazz-Tage München, Donnerstag bis Sonntag, 25. bis 28. Mai, Fraunhofer, Fraunhoferstr. 9

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