Festival:Der lange Weg zur Pop-Stadt

Ippio Payo Josip Pavlov

Mit der Gitarre spielt Josip Pavlov bei seinem neuen Projekt "Ippio Payo" live die Spuren ein und schichtet dann die Samples übereinander.

(Foto: Josip Pavlov)

Dee Gitarrist Josip Pavlov ist eine der treibenden Kräfte hinter dem 7. Noise Mobility Festival - bei dieser Gelegenheit stellt er auch sein neues Projekt "Ippio Payo" vor

Von Dirk Wagner

Diskussionen über den Popstandort München machen nur all zu oft das gespielte Stück von der Kulisse abhängig. Ohne die Bedeutung des Bühnenbildners zu schmälern, lohnt aber auch ein Blick auf die Schauspieler respektive Musiker. Natürlich tut die Stadt dabei auch aus volkswirtschaftlichen Gründen gut daran, ihre Musiker zu unterstützen, womit die Diskussion wieder die Rahmenbedingungen für das künstlerische Schaffen in dieser Stadt tangiert und sich also wieder der Kulisse zuwendet. Als von Montreal aus die kanadische Bloggerin Emilie Gendron auf die hiesige Musikszene blickte, der sie mittlerweile übrigens selbst als Veranstalterin der Munich-Again-Donnerstage in der Roten Sonne angehört, galt ihre Aufmerksamkeit einzig der spannenden Musik, die hier stattfindet. Dabei fiel ihr gleich der ebenfalls zugereiste kroatische Musiker Josip Pavlov auf, der damals schon in zwei von ihr geschätzten Münchner Bands die Gitarre spielte: in Majmoon und in Das Weiße Pferd. Die Pferd-Begründer Albert Pöschl und Pico Be räumen sogar ein, dass Pavlov ihre Band erst wiederbelebt habe. "Ich schätze darum auch Josips Beharrlichkeit und wie er sich für die Dinge einsetzt, die er gut findet", sagt Pico Be, der angesichts der avantgardistischen Ansätze in Josip Pavlos Musik nicht schlecht staunte, als dieser sich ihm als ebensolcher Beatles-Fan wie Pico Be selbst zu erkennen gab.

Dabei ist Pavlovs eigene Musik hörbar von Postrock-Formationen wie Tortoise inspiriert. Erst solche Bands weckten in ihm den Gitarristen. Bis dahin spielte er nämlich seit seiner Kindheit die Trompete und das Tenorhorn in einer Blaskapelle, deren Repertoire die klassische Musik ebenso streift wie den Jazz oder die Volksmusik. Obwohl er später als Schlagzeuger und vor allem als Gitarrist vorwiegend in der Rockmusik beheimatet zu sein scheint, ist Josip Pavlov noch immer Mitglied jener kroatischen Blaskapelle, die heuer ihr 90-jähriges Bestehen feiert. Trotzdem zog er 2001 der Liebe wegen nach München.

Als seine kroatische Band Critical Mass On Wheels sich ein Jahr später auflöste, suchte er endlich auch Kontakte in der hiesigen Musikszene. Dass er heuer gleich drei Schallplatten mit drei verschiedenen Formationen veröffentlicht, derweil er noch in mindestens zwei weiteren Projekten aktiv ist, offenbart ein beeindruckendes Netzwerk des Münchner Undergrounds, das die griechische Punkband Grexits, in der Pavlov Schlagzeug spielt, mit seinem Gitarrenduo Zwinkelman und seiner ersten Münchner Band Majmoon verbindet. Mit dem Münchner Ausnahme-Schlagzeuger Tom Wu präsentiert Pavlov am Donnerstag, 1. Juni, in der Roten Sonne sein nächstes Projekt Ippio Payo, dessen bereits fertig gestelltes Album im Winter bei Echokammer erscheint. Hier baut Pavlov die Musik mit Samples auf, die er mit der Gitarre live einspielt und dann übereinander schichtet. Das Klangbild, das Tom Wu mit seinem Schlagzeug-Spiel ergänzt, vergleicht dieser mit der Musik von Steve Reich.

Begleitet wird das Konzert von einer Dia-Show, die Bilder des kroatischen Künstlers Igor Hofbauer zeigen. Von Samstag an sind dessen Originale auf dem siebten Noise Mobility Festival in der Glockenbachwerkstatt ausgestellt. Das Festival ist eine Erweiterung der ebenfalls dort verorteten Konzertreihe "Maj Musical Monday", die Josip Pavlov veranstaltet, um selbst die von ihm geschätzte Musik jenseits des Mainstreams zu fördern. Dass Josip Pavlov in der ganzen Welt vernetzt ist, ermöglicht ihm zum einen ausschweifende Auslandstourneen, begünstigt aber auch ein Festivalprogramm, das neben spannenden Münchner Projekten wie Musica Povera mit den umtriebigen Künstlern Salewski, Zoro Babel, Manu Rzytki und Anton Kaun auch die polnische Rockband Kristen und das serbische Jazz-Quartett Eyot präsentiert.

Der slowenische Labelbetreiber Miran Rusijan wird zudem in einem Vortrag die slowenische Musikszene und südosteuropäische Netzwerke vorstellen, deren Funktionsweisen Pavlov auch auf die hiesigen Szenen anwenden will. Darum wünscht er sich auch eine rege Teilnahme der lokalen Veranstalter, Labelbetreiber und Netzwerker an dem dreitägige Festival, das vom 3. bis zum 5. Juni samt Flohmarkt in der Glockenbachwerkstatt stattfindet. Denn natürlich wird auch hier eine weitere Kulisse der Popstadt München gebaut. Und der auf einer kroatischen Insel aufgewachsene Josip Pavlov zählt schon lange zu den besten Bühnenbildnern: als Musiker, als Veranstalter und als Mensch! Oder um es mit dem Szene-Beobachter und Fotografen Gerald von Foris zu sagen: "Wären alle Menschen wie Josip, wäre die Welt eine bessere."

7. Noise Mobility Festival, Auftakt: Do., 1. Juni, 22 Uhr, Rote Sonne, Festival: Sa., 3. Juni, bis Mo., 5. Juni, Glockenbachwerkstatt, Blumenstraße 7, Programm unter www.glockenbachwerkstatt.de

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