Festival:Auf dem Weltmusikgipfel

Maria Joa Murnau

Ethnojazz-Paradiesvogel und Stimmakrobatin Maria João kommt nach Murnau.

(Foto: Alexandre Cabrita)

Die drei Jazzsängerinnen Maria João, Maria Pia De Vito und Norma Winstone stehen im Mittelpunkt des "Grenzenlos"-Musikfestivals in Murnau

Von Oliver Hochkeppel

Ursprünglich war das Ganze nur als musikalischer Höhepunkt zur 850-Jahr-Feier von Murnau im Jahr 2000 gedacht. Doch das vom Gitarristen Thomas Köthe kuratierte kleine, aber feine "Grenzenlos"-Weltmusikfestival war auf Anhieb so erfolgreich, dass es weiter ging. Fast in jedem Jahr waren seitdem unter einem wechselnden Motto herausragende Konzerte zu erleben. Oft mit Weltstars in neuen, ungewohnten Konstellationen, so wie beim raren Familientreffen der brasilianischen Gitarrengeschwister Odair, Sergio und Badi Assad 2011 unter dem Motto "Roots - Wurzeln" oder beim furiosen Trio des Pianisten Omar Sosa, des Trompeters Paolo Fresu und des Schlagzeugers Trilok Gurtu 2014 unter der Überschrift "Neue Welt".

Durchgehend spannend verspricht es heuer zu werden, wenn unter dem Motto "Voices" drei besondere Sängerinnen im Mittelpunkt stehen - mit ganz besonderen Begleitern. Den Anfang macht Maria João, der portugiesische Paradiesvogel des Jazz-Gesangs. Die gelernte Schwimmlehrerin begann erst mit 26 mit einer Gesangsausbildung, gewann aber schnell Preise und eine mit internationalen Stars gespickte Band für erfolgreiche Tourneen durch ganz Europa. Zunächst im klassischen Jazzstil singend, erweiterte João ihr Spektrum rasch um Weltmusik aller Art, Avantgardistisches, vor allem aber um lateinamerikanische und brasilianische Musik.

Mit ihren hochenergetischen Auftritten, bei dem João nicht nur Kehle, Kopf und Zwerchfell, sondern alles einsetzt, was ihr der Körper zur Verfügung stellt, wurde sie einer der wenigen Jazzstars, die auch Hallen und große Konzerthäuser füllen. Fast immer war dabei seit den Neunzigern der Pianist Mario Laginha an ihrer Seite, in Murnau gibt es nun ein Star-Duett mit dem großen Egberto Gismonti. Der brasilianische Multiinstrumentalist (der hier am Flügel und auf der Gitarre spielen wird, aber auch noch Sanfona-Akkordeon oder Flöte beherrscht) ist mit fast 50 vorzugsweise bei seinem eigenen Label Carmo oder bei ecm erschienenen Alben einer der wichtigsten und populärsten Komponisten und Interpreten der Musica popular brasileira und vielleicht ihr eigenwilligster und jazzigster Vertreter. Weiter geht es tags darauf mit der italienischen Sängerin Maria Pia De Vito und ihrer Band. Die Neapolitanerin begann Mitte der Siebziger als Sängerin, Gitarristin und sogar Pianistin in Gruppen, die sich der Volksmusik des Mittelmeerraums widmeten. Erst in den Achtzigern kam sie zum Jazz, arbeitete dann schnell mit den renommiertesten heimischen Improvisatoren wie Enrico Rava oder Gianluigi Trovesi, aber auch vielen US-Stars wie John Taylor, Michael Brecker, Joshua Redman oder dem Art Ensemble of Chicago zusammen. Stets blieb die Musik ihrer Heimat unterschwellig bedeutsam, so wie bei den Kollaborationen mit dem britischen Komponisten Colin Towns oder Projekten wie "Nauplia" mit der Pianistin und Landsfrau Rita Marcotulli oder "Tumulti" mit dem französischen Perkussionisten Patrice Heral. Hier wird De Vito ihren Folk-Jazz mit einem Klasse-Quartett zelebrieren, aus dem der grandiose Klarinettist Gabriele Mirabassi noch heraussticht.

Auch die beiden Stars, die das Grenzenlos-Festival beenden, haben schon mit Maria Pia De Vito gearbeitet: Norma Winstone, die britische Grande Dame des lautmalerischen, mitunter avantgardistischen Jazzgesangs, und Ralph Towner (der übrigens auch schon mal mit Egberto Gismonti spielte), der fast klassisch strukturierende Gitarrist und Pianist, nicht zuletzt bekannt durch seine Band Oregon. Mit den seit Jahren blind eingespielten Begleitern Winstones, Klaus Gesing an Sopransax und Bassklarinette sowie Glauco Venier am Piano, gelingt sicher ein bombastischer Ausklang dieses von jazzigen Stimmen dominierten Weltmusikgipfels.

Grenzenlos Weltmusikfestival, Fr. bis So., 13. bis 15. Oktober, 20 Uhr, Kultur- und Tagungszentrum Murnau, Kohlgruber Straße 1

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