"Fast verheiratet" im Kino:Mann oder Muppet

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Eigentlich wollen sie nur heiraten: ein niedlicher Typ und eine Frau, die immer ein wenig so rüberkommt, als wäre sie seine Erziehungsberechtigte. Doch die Zeit ist ein Biest - und kann einen Mann zur grünen Witwe machen. Zu sehen in der Komödie "Fast verheiratet".

Susan Vahabzadeh

Die Zeit ist ein Biest, sie verstreicht ungefragt und reißt alles mit, was sie zu fassen kriegt. Das erste, was sie sich in "Fast verheiratet" schnappt, ist die angemessene Romantik, die Tom sich vorgestellt hatte, als er sich vornahm, Violet einen Heiratsantrag zu machen. Das Restaurant, in dem er arbeitet und das er sich als Location für den großen Moment ausgesucht hat, ist zauberhaft, seine Chefin ist es nicht. Irgendwie hat sie nicht mitbekommen, dass Tom gar nicht arbeitet, und macht dem Moment so den Garaus.

Emily Blunt als Violet und Jason Segel als Tom in "Fast verheiratet" von Nicholas Stoller. (Foto: dapd)

Die Verlobungsfeier, die dann bald stattfindet, wäre für sich genommen schon Grund genug, von weiteren Familienfesten Abstand zu nehmen. Sie wird gekillt von Violets Schwester und Toms bestem Freund in rührender Gemeinschaftsarbeit, sie heult bei ihrer Rede Rotz und Wasser, er hat ein grauenhaftes Video gebastelt, zu dem er in tölpelhafter Disco-Manier Toms Ex-Freundinnen besingt, detailbesessen bis zum letzten One Night Stand.

Eine Komödie, die so anfängt, kann nicht ganz schlecht sein - schmerzhaft Peinliches ist eben oft komisch, und über all den Gags liegt schon ein Hauch von Melancholie. Eine gute Komödie entsteht immer nur aus Umständen, die eigentlich zum Heulen sind. "Fast verheiratet" kommt aus der Judd-Apatow-Komödienwerkstatt, ist allerdings ein wenig lieblicher als die meisten anderen Apatow-Filme.

Hasenkostüm aus zartrosa Plüsch als Running Gag

Tom und Violet planen Hochzeit um Hochzeit, aber keine findet statt. Die erste wird verlegt, weil Violets Schwester schneller war, sie ist schwanger; beim zweiten Termin ruft dann die Karriere. Violet hat ein Jobangebot bekommen, Verhaltensforschung als Post-Doc an einer Uni im Mittleren Westen, Ann Arbor, nur für ein Jahr will sie dorthin, und Tom gibt seine Stelle als Koch in dem coolen Restaurant in San Francisco auf, obwohl er eigentlich gerade das Angebot bekommen hat, eine Filiale zu leiten.

Der Running Gag ist das Outfit, das Tom bei der Silvesterparty getragen hat, bei der die beiden einander begegneten - ein Hasenkostüm aus zartrosa Plüsch, gleichermaßen kleidsam und tadellose Charakterisierung. Der baumlange Jason Segel spielt Tom, und er hat sich das alles selbst angetan, das Drehbuch hat er, wie auch schon beim letzten "Muppet"-Movie, mit Nicholas Stoller geschrieben, dem Regisseur. Tom ist im Grunde der gleiche Typ, den Segel auch in "How I Met Your Mother" spielt: hinreißend knuddelig und mit einem solch makellosen Charakter, dass man ihn im richtigen Leben wahrscheinlich bald meucheln würde, nur so, aus Entnervtheit und als Statement gegen permanente moralische Überlegenheit. Aber auf einer Leinwand macht er sich ganz gut, und mit Emily Blunt als Violet gibt er ein gutes Paar ab - ein niedlicher Typ und eine Frau, die immer ein wenig so rüberkommt, als wäre sie seine Erziehungsberechtigte.

Ihr gefällt der Job, und ihr gefällt der Professor

Nun sind die beiden in Michigan aufeinander gestellt und driften prompt auseinander - Violet gefällt der Job, und ihr gefällt ihr Professor (Rhys Ifans). Klar, dass sie den Vertrag nach Ablauf des ersten Jahres verlängert. Tom, plüschgewordener Traum aller Frauen, macht alles mit und gibt sich viel Mühe, sich an die neuen Bedingungen zu gewöhnen: Schnee, Kleinstadt, Job in einer Sandwichbude.

Natürlich dreht er bald am Rad, er endet als grüne Witwe und entwickelt eine komische Depression, bei der das Hasenkostüm eine zentrale Rolle einnimmt. Natürlich machen Frauen in dieser Situation genau das selbe durch. Aber wenn man diese Geschichte mit einem Mann durchspielt, fragt wenigstens keiner, warum er sich nicht zusammenreißt - und ob er die Depressionen nicht vielleicht schon vorher hatte. Jedenfalls kommt den beiden über die Jahre, irgendwo zwischen Schneeregen, weiteren Horror-Familienzusammenkünften und einer betrunkenen Jagd auf den Professor, die Liebe abhanden wie anderen Leuten ein Stock oder ein Hut.

Das ist erfrischend anders als die üblichen Jennifer-Aniston-Beziehungskomödien, andere Verhältnisse und weniger stromlinienförmiges Personal. "Fast verheiratet" wäre allerdings um einiges hübscher geworden, hätte man dem Film nicht ein pappsüßes Happyend implantiert, das so wirkt, als hätte da jemand das restliche Drehbuch nicht gelesen. Das ist noch so ein teuflischer Trick der Zeit: Manchmal ist zuviel davon da, und das ist auch nicht recht.

The Five-Year Engagement, USA 2012 - Regie: Nicholas Stoller. Drehbuch: Jason Segel, Nicholas Stoller. Kamera: Javier Aguirresarobe. Mit: Jason Segel, Emily Blunt, Rhys Ifans, Chris Pratt, Alison Brie. Universal, 124 Minuten

© SZ vom 12.07.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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