Fall Gurlitt:Erben gesucht

Die Taskforce im Fall Gurlitt erkennt eine Handzeichnung des Künstlers Adolph Menzel als NS-Raubkunst an. Der Kunsthändler Hildebrand Gurlitt kaufte das Werk im Jahr 1938 zu einem viel zu niedrigen Preis.

Von Ira Mazzoni

Bisher hat niemand alte Besitzansprüche auf das noch nicht einmal Din A4 große Blatt mit der weichen Bleistiftzeichnung von Adolph Menzel erhoben. Im Rahmen der Recherchen zu den 499 Werken aus dem sogenannten Schwabinger Kunstfund, die unter den Generalverdacht der Raubkunst in der Datenbank Lostart veröffentlicht wurden, haben die Wissenschaftler der Taskforce nun die Herkunft der Handzeichnung eindeutig geklärt und es als NS-Raubkunst identifiziert. Der Kunsthändler Hildebrand Gurlitt hatte das Blatt "Gotisches Kircheninneres" zusammen mit neun weiteren Menzel-Zeichnungen am 31. Dezember 1938 von Elsa Helene Cohen für insgesamt 2000 Reichsmark erworben. Hildebrand Gurlitt kaufte Ende 1938 auch von anderen Mitgliedern der Familie Konvolute mit Menzel-Blättern, die er zum Teil kurz darauf an Hermann F. Reemtsma, seinen besten Kunden, weiterverkaufte. Für das Blatt mit der "Kirche In Hofgastein", so der Titel in der Lostart-Datenbank, bekam Elsa Helene Cohen 150 Reichsmark, einen Preis, den die Experten der Taskforce für zu niedrig erachten. Das heißt, Hildebrand Gurlitt hat aus einer Notsituation Profit gezogen.

Im Jahr des Verkaufs waren viele jüdische Familien gezwungen, Besitz zu veräußern, um die Wuchersteuer der Nazis aufzutreiben. Elsa Cohen brauchte zudem Geld für die Flucht ihrer Familie. Sie ging ins amerikanische Exil. Es ist nun an den Erben, sich zu melden.

© SZ vom 03.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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