Facebook-Chef vor US-Kongress:Zuckerbergs "Sorry" ist nur ein Synonym für "Abgehakt"

Facebook chief Zuckerberg testifies to lawmakers after data hijacking scandal

Facebook-Chef Mark Zuckerberg in einer Anhörung vor dem US-Kongress.

(Foto: Jim Watson/AFP)

Zu oft hat sich der Facebook-Chef in den vergangenen Jahren schon entschuldigt. Und dann im Grunde nichts geändert. Wie ein wichtiges Wort seine Bedeutung verliert.

Von Alex Rühle

Johann Sebastian Bach schrieb kürzlich auf Facebook, dass es ihm echt leid tue. Also er sagte es ein ganz klein wenig anders, bei ihm hieß es: "Buß und Reu knirscht das Sündenherz entzwei", und das klingt natürlich schon schräg, weil wem wird denn so ein bisschen schlechtes Gewissen gleich das ganze Herz entzweiknirschen, aber diese Arie brachte ihm am Ende doch viele Likes und noch mehr Downloads ein. Bach hat übrigens am heutigen Donnerstag Geburtstag, was zwar gar nicht stimmt, er wurde geboren am 21. März, also sorry, aber dafür schrieb Bach mal in einem Brief an Friedrich den Großen, er wolle sich entschuldigen, was wiederum komplett falsch ist, er schrieb ihm schon, aber keinen Brief, sondern das "Musikalische Opfer", insofern sorry 2.0.

Wer sich einmal entschuldigt, dem mag man erst Gehör und dann vielleicht auch Glauben schenken. Beim zweiten Mal wirkt es unaufrichtig, danach nur noch abgeschmackt. Mark Zuckerberg aber hat eigentlich nur ein echtes Hobby: Folgenlos sorry sagen. Das ging im November 2003 los, kurz nachdem er seine sexistische Hot-or-Not-Seite namens Facemash hochgeladen hatte. "So hab ich das nicht gewollt", schrieb er damals, als Harvard ihn wegen Verletzung des Urheberrechts und der Privatsphäre vieler Studentinnen aus der Uni zu werfen drohte. Zuckerberg sagte, er werde sich jetzt mal bei allen Geschädigten entschuldigen, Harvard glaubte ihm, er durfte bleiben und machte weiter.

Seither hat sich im Grunde nichts geändert, sieht man mal davon ab, dass er mittlerweile nicht mehr einzelne Studentinnen schädigt, sondern mit den Daten von 87 Millionen Usern Schindluder treibt, aber hey, Schindluder, come on, das klingt ja schon wieder nach Entzweiknirschung. Zuckerberg sagt einfach alle paar Monate sorry, verbunden mit dem Versprechen, ab jetzt alles super zu machen. Die Washington Post hat über die Jahre 14 solcher Momente gezählt.

Zuckerbergs "Sorry" ist im Grunde nur ein Synonym von "Abgehakt". Dass aber die Entschuldigung immer nur ein anderer gewähren kann, derjenige, der geschädigt wurde; dass der Sprechakt der Entschuldigung nur wahrhaftig wirkt, wenn derjenige, der sich entschuldigt, tatsächlich so etwas wie Schuld empfindet (Hashtag Buß und Reu) - all das würde Zuckerberg wahrscheinlich gar nicht in den Sinn kommen. Muss es aber anscheinend auch gar nicht: Sein "Sorry" mag inhaltlich wertlos sein; der Wert seines Unternehmens aber legte nach dem Auftritt vor dem amerikanischen Kongress um drei Milliarden zu.

Kurzum: Gar nichts wird sich ändern. Kann denn nicht endlich mal jemand Facebook zerschlagen oder besser noch entzweiknirschen?

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: