Eurovision Song Contest:No Angels, no points

Wieder einmal haben sich deutsche Musikanten beim Grand Prix blamiert. Die in Belgrad mitsingenden No Angels wurden schlecht betreut, beklagt ein Experte. Die Gruppe aber jubelt über ihren misslungenen Auftritt.

Bescheiden muss man bleiben, immer schön bescheiden - und in der größten Niederlage noch einen kleinen Sieg entdecken. Mit dieser Tugend hält es die deutsche Pop-Band No Angels, die ebenso wie die anderen Schlusslichter aus Polen und Großbritannien am Samstagabend in Belgrad (Serbien) beim Grand Prix nur 14 Punkte bekamen.

Damit wiederholte sich das Desaster von 2005, als Gracia hinten landete. No Angels, no points - dieses Motto galt in vielen Ländern. Trotz der Nullnummer zeigte sich Sängerin Jessica zufrieden und formulierte: "Ich bin etwas geschockt, aber wir können stolz sein."

Das sieht Alexander Heiler, Gründer und Ex-Mitglied der Pop- Gruppe Wind, ganz anders: Danach seien die No Angels in Belgrad schlecht betreut worden. Die "katastrophale Platzierung" der Gruppe beim Eurovision Song Contest sei deshalb für ihn keine Überraschung: "Sie haben bei der Präsentation völlig überdreht. Es ist wichtig, das die Betreuung vor Ort so funktioniert, dass die Band am betreffenden Abend auf den Punkt singt. Vergleichbar ist dies mit der Betreuung eines Hochleistungssportlers vor einem Wettkampf."

Die Gruppe Wind hatte zwei Mal den 2. Platz beim Grand Prix erreicht - 1985 mit dem Song "Für alle" (Göteborg) und 1987 mit dem Titel "Lass die Sonne in dein Herz" (Brüssel). Experte Heiler kritisierte auch den Beitrag der No Angels: "Dem Lied fehlte die Identität. Bei vielen Songs konnte man erkennen, aus welchem Land die Interpreten kommen - wenigstens an der Sprache." Heiler betonte, der Musik-Wettbewerb sei "fair" gewesen. 43 Länder konnten abstimmen und wählten Dima Bilan ("Believe") aus Russland auf Platz eins. "Es gab keine künstlich vergebenen Punkte."

Ein bisschen fällt freilich auf, dass die No Angels gleich 12 Punkte von insgesamt nur 14 Punkten von Bulgarien bekamen - das Gruppenmitglied Lucy Diakowska kommt zufällig aus dem Balkanstaat gleich. Hätte hier eine Deutsche gesungen, die Schmach wäre unendlich gewesen. Hinterher gab Frau Diakowska zum Besten, der Eurovision Song Contest sei eine tolle Show mit tollen Künstlern gewesen und die Stimmung ganz besonders hinter der Bühne unglaublich gut. Ihre Teilnahme nannte sie ein einmaliges Erlebnis. "Wir haben uns auch viel, viel mehr gewünscht", die Reaktion auf die Band sei aber toll gewesen, betonte die Sängerin.

Na ja, es ruft auch eine Art Achtung hervor, wenn man bereit ist, in einem solchen Umfeld aufzutreten. Band-Kollegin Sandy Mölling fand: "Das war wirklich eine geile Performance." Sie seien mehr als zufrieden damit und hätten "ganz oben mithalten" können. "Wie die Länder dann gestimmt haben - ja, das ist einfach so, das muss man so hinnehmen."

Im vergangenen Jahr war der deutsche Swingsänger Roger Cicero immerhin 19. von 24 Teilnehmern geworden. Diesmal aber nahmen die Abstimmenden den Songtitel von No Angels wohl zu wörtlich: Verschwinde - "Disappear".

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