Essay:Strahlenkatzen und Literatur

Clemens J. Setz über die Frage, was einen literarischen Text eigentlich zum Klassiker macht.

Von Clemens J. Setz

Irgendwann, so wird uns versichert, kommt ein jeder von uns in jenen Zustand, in dem es ihm nicht mehr freisteht, am Morgen zu erwachen. Er wird dann von seinen Mitmenschen begreiflicherweise für tot gehalten, und es beginnt das, was als Nachwelt bezeichnet wird. Dies zeigt sich zuerst vor allem durch eine Neuverteilung der bislang in seinem Besitz verbliebenen Gegenstände. Aber mit Literatur, die aus der Feder des Toten stammt, verhält es sich anders, da geschah diese Neuverteilung ja schon zu Lebzeiten, durch Reproduktion und Buchhandel. Darüber hinaus war sie gar nie allein sein Besitz. Aus dieser Tatsache leitet sich der allgemeine Eindruck her, Literatur verfüge, verglichen mit ihren Erschaffern, über ein bemerkenswertes Maß an Unabhängigkeit und Langlebigkeit.

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