Erster Stuntman auf dem Grünen Hügel:"Ich springe ja nicht nackt"

Stuntman Matthias Schendel hat bisher für das Fernsehen und für Hollywood gearbeitet. Als sich nun die Bayreuther Festspiele bei ihm meldeten, war er erst mal perplex.

Martina Farmbauer

Am Freitag beginnen die Bayreuther Festspiele. Die Karten für die 30 Vorstellungen sind komplett ausverkauft - wie immer. Das Publikum des "Parsifal" wird diesmal eine Premiere erleben: Zum ersten Mal kommt in Bayreuth ein Stuntman zum Einsatz. Der 31-jährige Matthias Schendel aus Nürnberg springt von einem sechs Meter hohen Balkon.

Erster Stuntman auf dem Grünen Hügel: Matthias Schendel: "Bei einer Oper dabei zu sein, ist absolut untypisch für einen Stuntman."

Matthias Schendel: "Bei einer Oper dabei zu sein, ist absolut untypisch für einen Stuntman."

(Foto: Foto: dpa)

SZ: Herr Schendel, haben Sie eigentlich gar keinen Respekt?

Schendel: Vor wem?

SZ: Vor Wagner und der Tradition.

Schendel: Doch! Sehr großen sogar.

SZ: Aber Sie sind der erste Stuntman bei den Bayreuther Festspielen. Im "Parsifal" doublen Sie den Tenor Christopher Ventris und springen von einem sechs Meter hohen Balkon. . .

SZ: Mussten Sie sich zur Vorbereitung Wagner-Werke anhören oder alte Aufführungen anschauen?

Schendel: Das war für mich nicht sinnvoll. Meine Aufgabe ist ja eine ganz besondere, die mit der Oper nichts zu tun hat. Ich bin auch gar nicht der klassische Wagner-Fan. Aber ich finde "Parsifal" sehr, sehr schön und höre gerne zu, wenn ich nach dem Sprung auf meiner Stuntmatte hinter den Kulissen liege. . .

SZ: Ach, sind Sie jetzt plötzlich Wagnerianer geworden?

Schendel: Naja. Ich würde schon gerne einmal das Bühnenbild mit allen Darstellern und Sängern zusammen mit der Musik genießen. Allzu oft habe ich ja nicht die Gelegenheit zu so einem Hochgenuss. Aber von meiner Matte aus ist mir die Sicht auf die Bühne leider versperrt.

Schendel: Genau. Und Respekt habe ich auch vor dem Stunt, weil er tricky ist.

SZ: Tricky?

Schendel: Ich stehe da nur kurz auf dem Balkon. Dann treten unten schöne Frauen auf, zu denen ich unbedingt möchte - also nehme ich eben den kürzesten Weg. Der Sprung muss genau auf ein Wort im Damenchor erfolgen. Wenn ich das verpasse, ist der Effekt kaputt.

SZ: Sie haben also nur auf diesen entscheidenden Moment hintrainiert?

Schendel: Seit Beginn der Proben im April habe ich Hunderte solcher Sprünge gemacht. Es wurde ja immer wieder was geändert. Schließlich kam der Regisseur zu mir und sagte: "Hm, du musst eine Millisekunde vorher abspringen."

SZ: Bisher haben Sie fürs Fernsehen gearbeitet und als Akteur für Hollywood-Filme. Wie sind Sie überhaupt auf den Grünen Hügel gekommen?

Schendel: Auf einmal klingelte das Telefon und einer der Verantwortlichen aus Bayreuth war dran. Ich war zuerst völlig perplex - und dann nur noch begeistert: "Ja klar, Bayreuth, wie cool!"

SZ: Für jemanden, der sich nicht sonderlich für Oper interessiert, klingt das ziemlich aufgeregt. Ist dabei sein in Bayreuth alles?

Schendel: Es ist für mich eine große Ehre. Bei einer Oper dabei zu sein, ist absolut untypisch für einen Stuntman; deshalb finde ich es toll, dass ich ausgewählt wurde.

SZ: Freunde der dezenten Inszenierung werden sich sicher wundern über Ihren todesmutigen Sprung. . .

Schendel: Ich sehe mich aber überhaupt nicht als Traditionsbrecher. Dass ein Stuntman für einen Moment den Parsifal macht, ist ungewöhnlich, aber nur ein kleiner Effekt. Ich springe ja nicht nackt oder in ein Becken voll Blut.

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