Eine Liebhaberei:Das Ticken der Vergangenheit

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Richard Swartz: Wiener Flohmarktleben. Aus dem Schwedischen von Verena Reichel. Paul Zsolnay Verlag, Wien 2015. 192 Seiten, 18,90 Euro. E-Book 14,99 Euro.

Richard Swartz feiert den Wiener Flohmarkt als Liebes- und Studienobjekt poetischer Streifzüge. Dabei führen ihn seine kleinen Beutezüge immer auch zurück in die eigene Vergangenheit.

Von Christoph Bartmann

Flohmärkte gibt es viele, aber kaum einen wie den großen Wiener Flohmarkt auf der Wienzeile, unweit des Naschmarkts, ein zugiges Areal, das die europäische Osterweiterung in einen grenzenlosen Basar verwandelt hat, ein Gelände, auf dem man, als Händler oder Kunde, ein Leben führen kann, ein "Flohmarktleben" eben. Richard Swartz, der schwedische Autor und Journalist mit Wohnsitz in Wien, ist einer dieser Flohmarktgänger aus innerer Notwendigkeit. Jeden Samstagmorgen weckt ihn um sechs Uhr der Wecker, damit er früh genug am Flohmarkt ist, um sich dem ernsten Spiel um überflüssige, aber unendlich bedeutsame Gegenstände hinzugeben. Es ist ja unklar, was den Flohmarktgänger umtreibt: Ist es der Erwerb oder eher der Besitz oder vielleicht sogar der Gebrauch der Objekte aus zweiter Hand, geht es ums erfolgreiche Feilschen oder um die Aura untergegangener Dingwelten oder um alles zugleich? Jedenfalls kann der Flohmarkt das Leben seiner Kunden in einer Weise okkupieren, dass sich auch die eigene Wohnung unaufhaltsam in eine Rumpelkammer verwandelt.

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