Düsseldorf:Mehr als Mode und lange Theke

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Die Landeshauptstadt von Nordrhein-Westfalen wird gerne als Stadt des Luxus gesehen. Dabei gibt es auch viel Kunst zu entdecken.

Von Theresa Tröndle

Wo sich einst die Stadtbefestigung Düsseldorfs befand, verläuft heute der Kö -Graben entlang der berühmten Königsallee. Hier sind die wichtigsten Modemarken vertreten: Sehen und gesehen werden lautet das Motto. Nicht weit von der luxuriösen Flaniermeile entfernt lockt die längste Theke der Welt Feierwütige in die Altstadt. Zwischen all den Brauereien, Kneipen und Bars kann schnell aus dem Blick geraten: Düsseldorf ist nicht nur Heimat von Altbier und Mode - sondern auch tief verwurzelt in der Kunsttradition.

Wer vor dem Renaissancebau des Düsseldorfer Rathauses steht, blickt auf das bronzene Reiterstandbild von Johann Wilhelm von der Pfalz. Mit dem Kurfürst, von seinem Volk auch Jan Wellem genannt, beginnt Ende des 17. Jahrhunderts Düsseldorfs Geschichte als Kunststadt. Der Kurfürst fördert Maler und Bildhauer und gründet eine Zeichenschule. Seiner Sammelleidenschaft ist es zu verdanken, dass er der Stadt mit der Gemäldegalerie Düsseldorf eine weltberühmte Sammlung - und einen immensen Schuldenberg - hinterlässt. Kurfürst Carl Theodor, der nach dem Tod von Wellems Nachfolger die Regierung übernimmt, gründet die Kurfürstlich-Pfälzische Akademie, aus der 1819 die Düsseldorfer Kunstakademie entsteht. Joseph Beuys, Sigmar Polke, Jörg Immendorff, Gerhard Richter, Andreas Gursky, Katharina Fritsch - seit jeher haben dort renommierte Künstler gelernt und gelehrt und bis heute beruht Düsseldorfs Ruf als Kunststadt auf der Kunstakademie.

"Das künstlerische Potenzial von Düsseldorf ist nach außen hin verkannt", meint Gil Bronner, Initiator der Sammlung Philara. Er habe oft den Eindruck, Düsseldorf werde als Schickimicki-Stadt belächelt. "Berlin mag deutlich mehr gute Galerien haben, aber die Region um Düsseldorf verfügt über eine Museendichte, die es in dieser Form kein zweites Mal auf der Welt gibt."

Die Stadt bietet Kunstinteressierten ein breites Angebot an Museen und Ausstellungshäusern. Im Umfeld der Kunstakademie befinden sich neben dem Museum Kunstpalast und dem NRW-Forum Düsseldorf mit der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen und der Kunsthalle bekannte Größen. Ungewöhnlicher - zumindest was den Ausstellungsort betrifft - geht es nahe dem Landtag zu. Direkt unter der Rheinuferpromenade, in einem Raum zwischen den Tunnelröhren für den Autoverkehr, befindet sich das KIT - Kunst im Tunnel. Hier werden Werke junger zeitgenössischer Künstler präsentiert. Auf der anderen Seite des Rheins hat Julia Stoschek Düsseldorf um ein Privatmuseum bereichert. Die Julia Stoschek Collection präsentiert zeitgenössische Kunst mit dem Fokus auf zeitbasierten Medien. "Düsseldorf hat besonders im Bereich der Nachkriegsmoderne und der Gegenwartskunst auch dank der Kunstakademie enorm viel zu bieten", sagt Gregor Jansen, Direktor der Kunsthalle Düsseldorf. Für ihre zeitgenössischen Kunstmuseen erlange die Stadt international Anerkennung. Das Museumsangebot wird durch umliegende Städte wie Essen, Duisburg, Dortmund und Köln erweitert. "Die Überraschung bei Besuchern ist oft groß, wenn sie sehen, wie viele Topmuseen und Kulturinstitute innerhalb kürzester Zeit erreichbar sind", sagt Jansen.

Er hat wie Bronner das Gefühl, dass Düseldorf als Kunststadt nicht richtig wahrgenommen wird. Und das, obwohl von der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt wichtige Impulse für die internationale Kunstszene ausgingen. Im 19. Jahrhundert etablierte sich an der Kunstakademie eine in der Landschaftsmalerei stilbildende Malweise, die Künstler aus Skandinavien, Amerika und Russland anzog. Ähnlich verhielt es sich mit der Düsseldorfer Fotoschule, auch Becher-Schule genannt, die Bernd und Hilla Becher in den 1970er- Jahren begründeten. "Beide Stile wurden für Düsseldorf zu globalen Exportschlagern", sagt Jansen. Trotzdem fehle es an der Solidarität der Bürger. "In anderen Städten gibt es womöglich mehr Leidenschaft für und eine höhere Identifizierung mit den Kunstinstitutionen." So sprächen die Frankfurter von "ihrem" Städel.

Damit die Stadt attraktiv für Künstler bleibt, hat sich das Kulturamt einiges ausgedacht

Ein Fotozentrum - dieser Wunsch wurde in der Podiumsdiskusion "Kunststadt Düsseldorf - wohin?" Ende Februar geäußert - fänden Jansen und Bronner zwar spannend, aber nicht unbedingt notwendig. Man solle sich eher auf die Pflege der jetzigen Angebote und Einrichtungen kümmern. "Die Aufrechterhaltung eines guten Standorts darf nicht unterschätzt werden. Es ist kontinuierliche Arbeit - aber wir sind auf einem guten Weg", sagt Bronner und spielt damit auf Personen der Kunstwelt an, die Stadt und Region unlängst für sich gewannen. Neben Felix Krämer, dem neuen Direktor des Museums Kunstpalast, wurde im September 2017 Susanne Gaensheimer zur Direktorin der Kunstsammlung NRW. Sie leitete zuvor das MMK Museum für Moderne Kunst in Frankfurt, dessen stellvertretenden Leiter Peter Gorschlüter es ebenso in die Metropolregion Rhein-Ruhr zieht. Ab Juli wird er das Museum Folkwang in Essen leiten.

Damit Düsseldorf weiterhin attraktiv für Künstler bleibt, hat sich das Kulturamt einiges ausgedacht. Das Angebot reicht von Atelierförderungen bis zu internationalen Künstlerprojekten. Darüber hinaus gibt es einmalige Sonderprojekte, wie die Gestaltung der U-Bahnhöfe der Wehrhahn-Linie, die Künstlern Möglichkeiten bieten, an der urbanen Stadtentwicklung mitzuwirken.

© SZ vom 20.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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